Nach erledigter Darmspiegelung schlafe ich erstmal den Rest des Tages und steige dann langsam aus dieser untersten Niederung, in die man als Lebewesen absteigen kann, wie aus dem Hades wieder hinauf zur einigermaßen normalen menschlichen Existenz. Die Untersuchung erfordert eine Vorbereitung, allein beim Drandenken krieg ich Würgereiz und es schaudert mich. Ähnlich geht es mir, wenn ich an einen Film denke, über den ich kürzlich auf YouTube gestolpert bin. Ich fand mich plötzlich in einer Doku über Kevin, der von seinem Leben als Callboy erzählt. Über seinen eigentlichen Beruf als Ingenieur, der irgendwelche Industrieanlagen überprüft und deshalb landesweit herumreist mit Trolley für Werkzeug und Sonstiges. Und man sieht ihn zuhause in seiner Wohnung, vor dem Spiegel, unter dem unzählige Duftwässerchen stehen, mit denen er sich dann auch reichhaltig einsprüht, bevor er beim gebuchten Termin mit einer Kundin seiner gut bezahlten Freizeitbeschäftigung nachgeht. Er überprüft den Inhalt seines Werkzeugkoffers, den er immer dabei hat, wenn er sich mit Kundinnen trifft. Er garantiert jeder Frau einen Orgasmus. Wenn seine biologischen Möglichkeiten nicht ausreichen, weil … da schweigt er diskret … also, für diesen Fall hat er Hilfsmittel dabei, um jeder, wie auch immer gearteten Frau das zu verschaffen, was sie an sexueller Belustigung möchte. Jegliche Art von Beziehung ist tabu, selbstverständlich arbeite er mit viel Gefühl, aber natürlich nicht mit diesem „speziellen“ Gefühl, es sei schließlich ein Geschäft, eine Dienstleistung, gutes Geld für gute Arbeit. Pro Sitzung, oder sollte man eher Liegenschaft dazu sagen, verlangt er 500 EUR und er sei restlos ausgebucht. Es gibt etliche Stammkundinnen, die sehr zufrieden sind mit seiner Arbeit, man mag sich, aber natürlich nicht „so“.
Man sieht ihn, als er eine Kundin im Restaurant trifft und schaut ihm sozusagen bei der Anbahnungschoreographie zu, wie er welche Komplimente macht und die Kundin darin einsülzt. Die Frau läßt alles mit glänzenden Augen über sich ergehen und macht nicht den Eindruck, als würde sie dieses Spiel nicht mögen. Ich kann den Film nicht ganz anschauen, weil ich allein schon den sicher teueren Duft dieses frischgeduschten, sehr smarten und gut aussehenden Mannes nicht ertrage, der mir aus dem Fernseher aufdringlich entgegen zu wehen scheint.
Wer mag eigentlich sowas? Ich kenne keine Frau, die sich solche verlogenen Spiele wünscht, aber ich kenne viele, die sich ausgehungert nach uferloser Zärtlichkeit und bedingungsloser Zuneigung sehnen.
Es scheint dann so ein hochbezahlter Fake, diese unverbindliche Illusion einer Zwischenmenschlichkeit immer noch besser zu sein als nichts, oder?
Während ich das hier schreibe, schwimmen weiße Wolken über einen klitzeblauen Himmel und es ist warm wie im Sommer. Alles mögliche an Fluggetier schwirrt durch die Lüfte. Unsere Spezies sorgt ja leider für ein schreckliches Artensterben, die Insekten werden immer weniger. Ich bin froh, daß es die alte Stubenfliege (Musca domestica) noch gibt und es würde mir nicht im Traum einfallen, auch nur eine einzige zu erschlagen. Wenn man sie in Großaufnahme anschaut, sieht man, was für ein Wunderwerk der Schöpfung sie ist. Alleine schon diese roten Facettenaugen, in Nahaufnahme ein Wesen wie aus einer anderen Welt. Sie macht als „holometaboles“ Insekt eine vollständige Metamorphose durch … dieses kleine haarige Wesen mit den zarten Flügeln, das uns nervt und dem Hygienestandard unserer überzüchteten Zivilisation nicht mehr gerecht wird in seinen Gebaren und wir sowieso all das, was uns nicht passt gerne mal erschlagen, wird auch sie vernichtet, wo es nur geht. Früher hingen überall diese klebrigen Fliegenfänger herum, die waren mir als Kind schon zuwider in all dieser Belanglosigkeit des Quälens einer Kreatur.
Vor kurzem habe ich von einer Sage, die nächste Umgebung betreffend, erfahren und bin dabei, sie zu erforschen, so gut es geht. Die Sage erzählt vom wiederkehrenden Erscheinens eines Schimmels bei Nacht an einem bestimmten Ort und zusätzlich gibt es noch die Erweiterung dieser Gechichte. Diese besagt, daß zu besonderen Anlässen auf diesem Schimmel auch noch ein Reiter ohne Kopf sitzt. Nicht weit davon entfernt wurde vor Jahren ein Gräberfeld entdeckt aus bajuwarischer Zeit. Das Thema dieses Schimmels kommt ja öfters vor in der nicht nur oberbairischen Sagenwelt Und da ich ja eine alte Geheimniskrämerin bin, werd ich da weiterforschen, immer auf der Suche nach uralten kultischen Orten, je älter umso lieber.
Und wonach die Kraulquappe gerade herumforscht, könnt Ihr hier lesen
Ich kommentiere in den letzten Monaten ja nur selten und wenig, aber hier lasse ich mal ein Danke für das Leben der Fliege da. 🙏
Nun 500€ für sexuelle Befriedigung können sich ja auch nur Gutbetuchte leisten und diese schweigen bestimmt vornehm über das Ganze. Für mich ist es ein Gewerbe wie jedes andere, nur nutzen würde ich es nicht wollen, selbst wenn ich es mir leisten könnte. Gut daran finde ich allerdings, dass dieses sogenannte älteste Gewerbe der Welt in unserer Zeit nicht mehr nur Männern zur Verfüfung steht – über die Abgründe hier wie da mag ich jetzt aber schweigen.
Schön, dass du alle Fliegen leben lässt – ich fange die dicken mittlerweile mit Glas und alter Postkarte und bringe sie wieder vor die Türe, wenn sie mich zu arg nerven.
Hier gibt es in diesem Jahr sooo viele Insekten, dass selbst die Autoscheibe ein Lied davon singt, gab es Jahre nicht mehr und die unzähligen Mückenstiche an mir singen auch ein Lied davon.
Liebe Graugans, ich wünsche dir eine freudige Restwoche, bleib heiter,
herzlichst, Ulli