Archiv für den Monat: September 2014

Sand…

 

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Ein Mann am Sand, alleinstehend.

Als er den im Bild nicht mehr ertrug, hat er ihn herausgeschossen.

Aber das geht uns nichts an.

Er geht uns nichts an.

Eigentlich war er Illustrator, das brachte ihm nichts.

Er fing an zu schreiben und konnte es sofort.

Jetzt kommt im Nachtrag noch was Neues von ihm hinzu, ein Fragment, ihm abgerungen, da er keine Fragmente hinterlassen wollte.

„Bilder deiner großen Liebe“, wir werden es lesen müssen, ein wenig traurig und schaudernd, denn es geht uns was an.

Uns, die wir am Sand stehn und noch im Bild sind.

 

in Memoriam Wolfgang Herrndorf

 

 

Aquinoktium

Herbst- Tag- und Nachtgleiche. Ich klaube auf, was die Apfelbäume und der mächtige Nußbaum hinterm Haus abgeworfen haben, jeder Apfel einmal bücken, jede Nuß einmal bücken, das Kreuz tut mir so weh, ich heule und schimpfe über den geerbten Hof, der zu groß ist, um die Arbeit bewältigen zu können und viel zu klein, um irgendwelche finanziellen Einkünfte abzuwerfen und gleichzeitig bin ich so voller Glück  und Dankbarkeit über den unermesslichen Reichtum, der da vor meinen Füssen liegt oder noch an den Zweigen hängt. Wir werden wunderbaren Apfelmost pressen und uns im Winter berauschen daran, wenn alles dunkel und kalt sein wird…bald…

Jungfrau hat das Zepter an ihre Schwester Waage abgegeben, die am Tor steht zur Dunkelheit  und ich werde gefragt:

„Was brauchst du, was ist lebensnotwendig für dich in der Zeit der Dunkelheit?

Was ist es wert, mitgenommen zu werden, was solltest du zurücklassen?

Was ist Neues dazugekommen?

Ballast bringt das Boot zum Kentern – aber – wenn du zuwenig dabei hast, wirst du frieren und hungern.

Ich helfe dir abwiegen und messen!

Dann – besteige das Boot in Liebe und sei bereit, auf´s Neue Tod und Wiedergeburt zu erfahren, du wirst in meiner Schwester, der Skorpionin, eine mächtige Führerin haben.

Also: Nimm segnend und dankend die Gaben an und bereite dich vor für die Überfahrt! “

Ach, ich weiß keine Anworten auf Waages Fragen, fühle mich schwer, alt und überfordert, zwischen Himmel und Erde ausbalancieren, wie geht das, wo komm ich her, wo geh ich hin? Kreuzlahm humple ich in den Wald. Am Abflugplatz ziehe ich mein Federkleid an und fliege auf die Zauberinsel weit draussen im Meer.

Ich lande neben den anderen am Ufer, wir schauen auf die rote Scheibe, die hinter den Horizont gleitet.

Dann gibt es nur noch Himmel und Wasser und den zarten Strich dazwischen. Dort sei das Göttliche, heißt es, dort, wo Oben und Unten die Balance halten und sich vereinigen…

Es ist sehr still.

Ich stehe auf einem Bein, den Kopf stecke ich unter den Flügel.

 

 

 

 

 

10 Jahre Fotoforum Braunau

Wer sich für zeitgenössische Fotografie und bestens kuratierte Ausstellungen interessiert, sollte unbedingt hierhin fahren!

Rooming-In II

Einladung_RoomingII

Alte Weiber…

„Altweibersommer“ heißt hierzulande die Zeit des vergehenden Sommers in den Herbst hinein, eine meist warme, trockene (hoffentlich!) Zeit nach der Ernte vor dem ersichtlichen Stillstand der Vegetation im Winterhalbjahr.

Im Herbst segeln junge Baldachinspinnen durch die Luft, deren Fäden erinnern an die silbernen Fäden im Haar der alten Weiber. Da es aber ähnlich viele alte Männer gibt, besteht die Frage, warum es die Frauenhaare sind, an die erinnert werden soll? In Zeiten, in denen alles, was über 41 Jahre alt ist, schon zur „Überalterung der Gesellschaft“ zählt und die Weiblichkeitsform „nicht der Rede wert“ ( Luise Pusch ), da sind „Alte Weiber“ eine Verunglimpfung!

Beim Erforschen alter Geschichten bin ich auf Spuren gestoßen, die zu weisen alten Frauen führen, Schicksalsspinnerinnen, die drei Nornen oder Parzen, die späteren christianisierten Heiligen Madln ( Katharina, Margarete, Barbara ), von denen eine den Lebensfaden spinnt, die zweite ihn zum Lebensmuster verwebt und die dritte ihn abschneidet, während die erste ihn schon wieder gesponnen hat im ewigen Kreislauf Leben – Tod – Leben. Nicht umsonst heißen sie die „Drei Ewigen“. Was dies mit Altweibersommer zu tun hat? Sehr viel, wenn man die mögliche indogermanische Herkunft der Worte bedenkt:

Weib     :    sich drehend,  schwingend bewegen,

weiben:    verknüpfen der Fäden,

alt          :   weitergebildet, aufgewachsen

All dies führt auf die Spur der weisen alten Frau, langsam entsteht das Bild einer uralten Göttin, der Allmutter, Altmutter, die aus sich heraus die Fäden spinnt, sie selber abtrennt und durch die Luft fliegen läßt. Margarete Petersen erzählt in ihrem zauberhaften Buch „Narrensprünge“ die Geschichte der mächtigen Spinnweberin “ Arachne“, die merkwürdigerweise in unserer mittleren Hirnhaut „Arachnoidea“ weiterlebt.

Meine Erklärung für den Begriff „Altweibersommer“ ist eine Ahnung von der Macht, die angeblich von diesen alten Weibern – von uns alten Weibern – mal ausgegangen ist, die so gefürchtet war, daß man sie lächerlich machen mußte ab Zeitpunkt der Machtübernahme des patriarchalischen Gottes.

Ob da was dran ist, daß die echten Visionen erst dann möglich werden, wenn das Blut nicht mehr aus uns herausfließt, sich inwendig konzentriert zur visionären Schau auf die Großen Mysterien…?

Im Jahreskreis kommt es sicher nicht von ungefähr, daß vor dem Altweibersommer der „Frauendreissiger“ liegt, die stärkste Zeit zum Sammeln von Zauberkräutern, die Gottesmutter höchstpersönlich spendet heilbringenden Segen, ausgehend vom Hohen Frauentag am 15. August: Das Konzentrat eines Jahres wird eingesammelt, danach ist Zeit für die nächste Dimension, die spirituellen Welten…ja, es ist die exakt richtige Zeit dafür.

Erst nach Einbringen der weltlichen Ernte beginnt die Große Freiheit zu fliegen, wohin wir wollen.

 

 

Segne, was du erntest!

Die Zeit scheint immer einen Schritt voraus zu sein und ich hechle ihr hinterher.

Seit bald zehn Tagen wandelt die Sonne durch das Zeichen der Jungfrau, von der man sagt, daß sie die Welt als einen besseren Ort verläßt als sie ihn vorgefunden hat. Hinter dem konventionell eher faden Bild der Jungfrau verbirgt sich das Bildnis der Mutter des Universums, die seit 15000 Jahren vor der Zeitrechnung überall auf der Erde als das höchste Wesen verehrt wurde. Sie hatte viele Namen und viele Gesichter, SIE selbst ist das Universum,  und alles existiert als Manifestation Ihres Geistes und lebt nach Ihren Rythmen und Gesetzen. Die Göttin ist die letztendliche eine, Sie ist Jegliches und Alles zur gleichen Zeit.

SIE sieht Vergangenheit und Zukunft, während Sie über der Gegenwart verweilt.

Dieses Attribut ist eine der stärksten Eigenschaften von jungfraubetonten Menschen:  sie haben die Fähigkeit, sich in ihrem Verweilen in der Gegenwart  auf vergangene Erfahrungen zu beziehen und dabei zukünftige Konsequenzen berücksichtigen zu können. Aus der Gegenwart zurück- und vorausschauen. Mit ihrer tiefen und klaren und weisen Einsicht in die Bedingungen des Lebens bändigt Jungfrau die ungestümen, wilden Kräfte von Feuer und Wasser des Sommers, gibt Erdenform und Struktur, ordnet die Gaben und plant für den Winter.

Sie sagt: „Erntet und sammelt jetzt, was ihr gesät habt, dankt und segnet das, was euch geschenkt wurde und vergesst nicht, zu teilen! Bald werde ich an meine Schwester Waage das Zepter abgeben. Waage steht am Tor zur Dunkelheit – hinter ihr wartet die Skorpionin in ihrem Boot, um Euch über den Fluß in ihr dunkles Reich zu begleiten.“

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