Archiv für den Monat: Mai 2024

# 53 Warten

Die alte Mutter liegt im Sterben. Sie steht auf dem Karussell und dreht die letzte Runde. Immer und immer wieder, denn das Karussell hält nicht an, irgendwann müssen wir loslassen und springen. Sie springt nicht, wie ein kleines zartes Vöglein sitzt sie da. Vom Fahrtwind zerzaust, krallt sie sich an der Stange fest und wartet. Auf was? Schöne Flügel sind ihr gewachsen und sind bereit, loszufliegen. Auf was wartet sie noch? Vielleicht auf die Bö, diesen warmen Aufwind, irgendwann wird er kommen und dann wird sie loslassen und getragen werden hinaus, hinauf in die Ewigkeit, dort hinter den Sternen.

Das Leben ist gelebt, die ihr zugedachten Ressourcen sind aufgebraucht, sie hat das getan, was sie konnte, die Arbeit erledigt und ihre auferlegte Pflicht erfüllt. Sie hat ein Kind geboren, das ist schon lange groß und sitzt jetzt neben ihr und wartet. So wie sie gewartet hat, damals, und es begrüßt hat, als es aus ihr in die Welt hinein geschlüpft ist, so wartet das große alte Kind jetzt darauf, daß die Mutter aus dieser Welt hinausschlüpft. Und so warten sie beide, Tag für Tag, Stunde um Stunde darauf, daß die Bö kommt.

Wo geht das alles hin, die Sehnsucht, die Träume, die Traurigkeit, die Wut, die Enttäuschung und die Liebe, nehmen wir das mit oder bleibt es da oder hört einfach alles auf zu sein? Nimmt die Mutter das kleine Kind, das wir mal waren mit auf ihre Reise oder gibt sie im letzten Atemzug dem großen Kind sein kleines zurück.

Zum Schluß gibt es keine Worte mehr, nur noch ein wenig Atem, bald wird auch er verwehen.

Die Zukunft wird in jedem Augenblick zur Vergangenheit, beide existieren nicht wirklich. Nur die Wirklichkeit scheint wirklich zu existieren, einen kurzen Atemzug richten wir uns ein  in ihrem Haus, das keine Wände hat und kein Dach und keinen Boden.

Der Regen hat die duftenden Blüten der wilden Rosen im Fallen mitgenommen und auf dem Boden ausgebreitet.

Auf strahlend blauer Himmelsdecke sitzen drei große weiße Wattebauschen, obendrauf liegt eine riesige Schildkröte auf dem Rücken und hält ihren Bauch in die Sonne.

Der Steinhaufen erglüht im Licht der untergehenden Sonne. Ich sitze so gerne auf warmen Steinen, sagt der Tod und lächelt.

Hier schreibt die Kraulquappe über die Dinge des Lebens

# 52 Der Atem der Welt

Am Pfingstmontag war es überraschend ruhig und menschenleer oben auf dem kleinen Hügel über Prien am Chiemsee, wahrscheinlich deswegen, weil der „Mesnerwirt“ geschlossen war und was sollte man dann dort oben außer der Besichtigung der kleinen Kapelle noch unternehmen.  Als wir das letzte Mal da waren, hockte der Biergarten voller Leute, die lautstark urig-bairische Gemütlichkeit auskosteten, oder das, was so gemeinhin als bairisch empfunden wird. Der Tourismus mag es halt gerne krachledern und dementsprechend verhalten sich auch die Gäste.

Diesmal nix, kein Mensch weit und breit und in der Kirche auch niemand. Leider ist da ein Gitter und man kann deshalb die mittelalterlichen Fresken nicht gut erkennen. Sehr alt ist sie, die kleine romanische  Kapelle, die dem Hl. Jakobus geweiht ist, der erste Bau wahrscheinlich schon im 9. Jahrhundert, die Fresken aus dem 12. Jahrhundert. In Urschalling, wie dieser Ortsteil heißt, stand mal eine Burg und die Kirche war die Burgkapelle. Von der Burg ist nichts mehr übrig und die Kapelle ist voller Geheimnisse. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der ursprüngliche Eingang zugemauert und alle Fresken mehrfach übertüncht. Heute ist wohl alles mehr oder weniger vom Staub der Vergangenheit befreit  und es kamen Bilder zum Vorschein, die aller Welt Rätsel aufgeben. Überraschend viele Frauenfiguren sind abgebildet und das geheimnisvollste Bild zeigt eine Trinität,  in deren Mitte eine Frau zu sehen ist. Das sagen die einen gescheiten Leute, sie sprechen womöglich sogar von einer Heiligen Geistin, weil ja durch neuere Bibelübersetzungen das Wort „Ruach“ aufgetaucht ist und das ist weiblich. Die andere Hälfte der Gescheiten sagt, das wäre ganz sicher nur ein Jüngling und dann gibts natürlich die Ewiggestrigen, die sagen, wo kämen wir denn da hin, wenn jetzt auch noch der Heilige Geist weiblich wäre … naja, niemand weiß bis jetzt, wer für diese mittelalterliche Malerei verantwortlich war. So vieles ist nicht geklärt und die Spuren verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Ich glaube, es macht sehr viel Sinn, den Geist Gottes als Geistin zu denken. Es gibt bei den drei Figuren nur zwei Arme und auch der Umhang gibt Rätsel auf. Leider kann man ohne angemeldete Gruppenführung nicht nach vorne gehen zur Apsis, um in Ruhe all das zu spüren, was die Geschichten an der Wand uns sagen wollen.

Aber auch mit Gitter ist es außergewöhnlich an diesem Ort  und ich habe das Gefühl, im heiligen Bezirk eines Tempels zu stehen  und in dieser romanischen Einfacheit wird es auf einmal möglich, diesen Atem zu spüren, den Odem, der durch mich hindurchweht und die Verbindung zum Göttlichen nicht herzustellen braucht … denn … sie ist da. Und ich brauche nichts tun, mich mit keinen schwierigen Gedankenkonstruktionen herumzuplagen, nur da sein und es geschehen lassen.

Manchmal genügen ein paar Sekunden und die Seele fliegt, „als flöge sie nach Haus“.

Ein sehr besonderer Ort.

Pfingsten schließt einen Kreis, so ahne ich. Ostern ist die Geschichte eines Scheiterns. Daß daraus die Verbindung zum Göttlichen entsteht, die wir alle haben, ob wir an sie glauben oder nicht, halte ich, vorsichtig ausgedrückt, für sehr wahrscheinlich.

Ein Blogger, den ich sehr schätze, weil er wunderbare Texte voller Respekt über vorgestellte MusikerInnen schreibt, hat um Pfingsten herum ein paarmal das Wort „Gott“ verwendet im Zusammenhang von Musik.  Er schreibt als ersten Satz bei der Vorstellung von : „A Love Supreme“ von John Coltrane : Ob es Gott gibt, weiß ja keiner so genau“. Ich hab vor längerer Zeit auch über diese Platte geschrieben, aber eigentlich reichte meine Sprache nicht aus, um das Erleben dieser Musik auszudrücken. Bei Ihm

sind die Worte wie zartes Seidenpapier, aus dem man eine filigrane Kostbarkeit auswickelt. Ja, man sollte dieser Musik einen eigenen Raum geben und sich ihr ausliefern, sich an sie verschenken und drin verloren gehen, um dann sagen zu können, „daß man verstanden hat, irgendwie“.  Danke für Deine Worte, lieber Fuchs und Danke dorthin, wo immer  er sich aufhalten mag im Hauch der Ewigkeit: John Coltrane.

 

 

Und da schreibt die Kraulquappe

# 51 Die warme Sofi, der Tod im Gebirg und der Maikäfer in der Tomatensoße.

An Christi Himmelfahrt  strömen die Massen in die Bierzelte, allerorten torkeln besoffene Männer herum oder stehen schwankend und schwitzend irgendwo beim Pinkeln, um Platz zu machen für weitere Liter diverser Flüssigkeiten. Das einzig Schöne, wenn man es nicht vermeiden kann, an diesem zweifelhaften „Vatertag“ auf der Straße unterwegs zu sein, ist, daß man viele alte Traktoren sieht, die zu den Bulldogtreffen fahren. Ich sehe etliche typisch graublaue „Eicher“, die genauso ausschauen wie unser alter daheim, den wir sehr lieben.

Wer denkt eigentlich an diesem Tag der Himmelfahrt an den  auferstandenen Christus, der ja da hinauf in den Himmel muß, um eine Dreiheit zu bilden, damit das Ganze dann als Heiliger Geist an Pfingsten wieder zu uns herabsegelt? Die ganze Geschichte mit der Himmelfahrt , den beiden weißgekleideten Männern, die kryptische Sachen sagen und dann dieser Feuerzungenzauber an Pfingsten ist mir heute noch genauso unerklärlich und unverständlich wie schon als Kind. Aber ich würde es auf jeden Fall sinnvoller finden, miteinander darüber zu sprechen und gemeinsam zu rätseln und die alten Texte zu lesen, die Ursprünge zu erforschen,  als dieses unselige, versoffene Zelebrieren einer fragwürdigen Männlichkeit.

Mein Papa hatte immer viel zu tun am Himmelfahrtstag, weil da seine kleine Lieblingsbrauerei neben den Traktoren auch ein Schnauferltreffen mit alten Motorrädern veranstaltet hat. Und „der Bräu“, der für meinen Vater wie früher einer der anerkannten Honoratioren war und den er sehr mochte, teilte ihn im Platzanweisungsteam ein, da gab es dann ein Essen und hinterher als Lohn mindestens 10 Tragerl von dem guten Bier. Aber ich glaube, der Papa verspürte es als eine Art Ehre, an so wichtiger Stelle in diesem Treffen mitzuwirken. Dieses Treffen wurde immer größer und größer und dann kamen die Ausschreitungen, die letztlich dazu führten, daß die Brauerei das Ganze vor Jahren aufgelöst hat. Der Papa hats nicht mehr mitbekommen.  Vor 14 Jahren ist er gestorben. Letzte Nacht bin ich in der Stube gesessen und hab an ihn gedacht. Um halb eins ist er gestorben, in seinen 85. Geburtstag und in den Tag der kalten Sofi hinein.

Einen leichten Tod hatte er, so schien es mir, er hat ausgeschnauft und nicht mehr eingeatmet. Und ich dachte mir, wie einfach das doch ist, das Sterben. Ich hab meine Hand neben seine Hand gelegt und gesehen, wie ähnlich sie sind. Viel Eisen haben sie geschmiedet, die Papahände, viele kleine Vögel mit weit zum Pfeifen aufgesperrtem Schnabel, nur er konnte sie aus ehemals starrem Eisen durchs Erhitzen so formen, daß sie wie echt aussahen. Manchmal, wenn ich irgendwo unterwegs bin, seh ich sie an einem Geländer oder an einem Grabkreuz und dann weiß ich: Die sind vom Papa.

Er hat auch immer gepfiffen und ich hab letzte Nacht auch für ihn gepfiffen, einen seiner wunderschönen Landler, und dann bin ich hängengeblieben und wusste nicht mehr, wie er weitergeht und dann war mir, als tät der Papa die Zugharmonie unter der Bank hervorholen  … und ich hör ihn spielen und die Knöpfe klappern leise und bei der Stelle, an der der Baß so röchelnd schnarrt, da tät er mich anschauen und lächeln, weil er weiß, daß mir diese Stelle so gut gefällt. Und ich denke daran, was wir uns alles noch sagen hätten sollen und was ich ihn nicht gefragt hab  und daß wir uns manchmal das Leben blödsinnigerweise so schwer gemacht haben und das, obwohl oder grad deswegen, weil wir uns so gern hatten.  Und daß wir uns wahrscheinlich zu fremd oder zu ähnlich waren oder beides, was weiß ich. Und daß ich wohl nie erfahren werde, wer dieses Bild gemalt hat mit dem Tod im Gebirge, das er so geliebt hat und daß die Pfingstrosen ganz wunderbar blühen, die uralte Staude und daß ich morgen Marmelade koche, auch immer noch vom uralten Rhabarber … sag mal, Papa, wie alt wird der wohl sein?

Daß überall die Akeleien blühen, sag ich nicht, auch nichts vom übrigen Wildwuchs, den er nicht mochte. Aber daß zweimal hintereinander ein Maikäfer in die Küche gesegelt kam und  am Topfrand von der Tomatensoße gelandet ist und ich ihn zweimal grad noch vor  dem Absturz ins kochende Verderben retten konnte, das tät ich ihm sagen. Weil Du immer Tür und Fenster aufreissen mußt, täte er sagen.

Und daß ich ihn vermisse, tät ich ihm sagen.

So schrecklich vermisse.

 

 

 

Und wenn sie wieder auftaucht zum Luftschnappen, dann schreibt sie hier, die liebe Kraulquappe.

# 50 An der Nordseite der Alpen

„Hauptsächlich wird es den Dauerregen im äußersten Süden geben. Das Tiefdruckgebiet zieht über die Alpen und der Regen fällt an der Alpennordseite ins Alpenvorland“. So wurde vor ein paar Tagen im Wetterbericht angekündigt, was zu erwarten war. Und die Aussage hat sich bestätigt: Es regnet und regnet und regnet … dauernd und unbeirrbar. Eigentlich regnet es nicht nur, sondern es schüttet wie aus Kübeln. Menschen, die hier Urlaub machen, sind voll des Jammers, sie hatten schließlich Sonnenschein, blauen Himmel , Flanieren in kurzer Hose am bairischen Meer und noch so einiges, was das touristische Herz begehrt, bestellt. Und jetzt hocken sie hier im Freizeitpark südliches Bayern, der „Schiemsee“ ist grau und aufgebracht und ungastlich, und die Berge, sofern man sie überhaupt sieht, hüllen sich in unwirsche Distanz und dampfende Nebelschwaden. Was soll man bei so einem Wetter anfangen? Viele landen da, wo sie auch daheim hingehen, beim Aldi. Und da hat man es dann mit Horden von mißmutigen und schlecht gelaunten Menschen zu tun, die sich für ihr Geld betrogen fühlen von der bairischen Wetterlage. Und ich muß mich beherrschen, wenn ich so Aussprüche höre, daß man im nächsten Urlaub doch wohl lieber in den Süden fliegen wird. Da bin ich versucht, zu sagen, daß wir hier ja schon im Süden sind und bezüglich Klima nicht mehr viel Unterschied zu den Flugzielen mit Sonnenscheingarantie vorliegt, denn entweder trocknen wir aus oder es schwemmt uns weg … das ist in Dubai auch nicht viel anders, wie kürzlich berichtet.

Aber ich sag nichts, und schau lieber zum Dach der architektonischen Scheußlichkeit des Aldigebäudes hinauf: da sitzt am höchsten Punkt vom First ein kleiner Vogel, der aus Leibeskräften sein Lied hinaustirilliert, in einer solchen Inbrunst und Lebensfreude, daß ich beim Zuhören vor lauter Glück gar nicht merke, daß ich längst waschelnaß bin und mir das Regenwasser über das Gesicht läuft.

Was für eine Freude, lieber kleiner Vogel, Dir zuzuhören!

Heute habe ich Stunden damit verbracht, zu suchen, in welcher Geschichte vom verehrten Jorge Luis Borges das nachfolgende Zitat genau steht … und habe es bisher nicht herausgefunden.

„Jemand setzt sich zur Aufgabe, die Welt abzuzeichnen. Im Laufe der Jahre bevölkert er einen Raum mit Bildern und Provinzen, Königreichen, Gebirgen, Buchten, Schiffen, Inseln, Fischen, Behausungen, Werkzeugen, Gestirnen, Pferden und Personen. Kurz bevor er stirbt, entdeckt er, daß dieses geduldige Labyrinth aus Linien das Bild seines eigenen Gesichts wiedergibt.“ Jorge Luis Borges

Aber ich bin wieder einmal aus dieser nur zum Schein erfolgslosen Suche verzaubert und bereichert aufgetaucht. Das Suchen ist oft eine Reise zu einem Geheimnis im Geheimnis im Geheimnis und dieses Mal bin ich bei einem Menschen gelandet, der im Keller seines Hauses das „Aleph“ gefunden hat und darüber war ich mir plötzlich sehr sicher, daß auch im Keller unseres Hauses ein Geheimnis verborgen ist … unter der Stiege war mal ein Gang, da bin ich sicher. Ob jener zum Aleph geführt hat …?

Wer weiß, was noch alles möglich ist, wenn man sich erlaubt, zu träumen.

Und da textet die Kraulquappe

# 49 Der Callboy, die Metamorphose der Stubenfliege und der kopflose Reiter…

Nach erledigter Darmspiegelung schlafe ich erstmal den Rest des Tages und steige dann langsam aus dieser untersten Niederung, in die man als Lebewesen absteigen kann, wie aus dem Hades wieder hinauf zur einigermaßen normalen menschlichen Existenz. Die Untersuchung erfordert eine Vorbereitung, allein beim Drandenken  krieg ich Würgereiz und es schaudert mich. Ähnlich geht es mir, wenn ich an einen Film denke, über den ich kürzlich auf YouTube gestolpert bin. Ich fand mich plötzlich in einer Doku über Kevin, der von seinem Leben als Callboy erzählt. Über seinen eigentlichen Beruf als Ingenieur, der irgendwelche Industrieanlagen überprüft und deshalb landesweit herumreist mit Trolley für Werkzeug und Sonstiges. Und man sieht ihn zuhause in seiner Wohnung, vor dem Spiegel, unter dem unzählige Duftwässerchen stehen, mit denen er sich dann auch reichhaltig einsprüht, bevor er beim gebuchten Termin mit einer Kundin seiner gut bezahlten Freizeitbeschäftigung nachgeht. Er überprüft den Inhalt seines Werkzeugkoffers, den er immer dabei hat, wenn er sich mit Kundinnen trifft. Er garantiert jeder Frau einen Orgasmus. Wenn seine biologischen Möglichkeiten nicht ausreichen, weil … da schweigt er diskret … also, für diesen Fall hat er Hilfsmittel dabei, um jeder, wie auch immer gearteten Frau das zu verschaffen, was sie an sexueller Belustigung möchte. Jegliche Art von Beziehung ist tabu, selbstverständlich arbeite er mit viel Gefühl, aber natürlich nicht mit diesem „speziellen“ Gefühl, es sei schließlich ein Geschäft, eine Dienstleistung, gutes Geld für gute Arbeit. Pro Sitzung, oder sollte man eher Liegenschaft dazu sagen, verlangt er 500 EUR und er sei restlos ausgebucht. Es gibt etliche Stammkundinnen, die sehr zufrieden sind mit seiner Arbeit, man mag sich, aber natürlich nicht „so“.

Man sieht ihn, als er eine Kundin im Restaurant trifft und schaut ihm sozusagen bei der Anbahnungschoreographie zu, wie er welche Komplimente macht und die Kundin darin einsülzt. Die Frau läßt alles mit glänzenden Augen über sich ergehen und macht nicht den Eindruck, als würde sie dieses Spiel nicht mögen. Ich kann den Film nicht ganz anschauen, weil ich allein schon den sicher teueren Duft dieses frischgeduschten, sehr smarten und gut aussehenden  Mannes nicht ertrage, der mir aus dem Fernseher aufdringlich entgegen zu wehen scheint.

Wer mag eigentlich sowas? Ich kenne keine Frau, die sich solche verlogenen Spiele wünscht, aber ich kenne viele, die sich ausgehungert nach uferloser Zärtlichkeit und bedingungsloser Zuneigung sehnen.

Es scheint dann so ein hochbezahlter Fake, diese unverbindliche Illusion einer Zwischenmenschlichkeit  immer noch besser zu sein als nichts, oder?

Während ich das hier schreibe, schwimmen weiße Wolken über einen klitzeblauen Himmel und es ist warm wie im Sommer. Alles mögliche an Fluggetier schwirrt durch die Lüfte. Unsere Spezies sorgt ja leider für ein schreckliches Artensterben, die Insekten werden immer weniger. Ich bin froh, daß es die alte Stubenfliege (Musca domestica) noch gibt und es würde mir nicht im Traum einfallen, auch nur eine einzige zu erschlagen. Wenn man sie in Großaufnahme anschaut, sieht man, was für ein Wunderwerk der Schöpfung sie ist. Alleine schon diese roten Facettenaugen, in Nahaufnahme ein Wesen wie aus einer anderen Welt. Sie macht als „holometaboles“ Insekt eine vollständige Metamorphose durch … dieses kleine haarige Wesen mit den zarten Flügeln, das uns nervt und dem Hygienestandard unserer überzüchteten Zivilisation nicht mehr gerecht wird in seinen Gebaren und wir sowieso all das, was uns nicht passt gerne mal erschlagen, wird auch sie vernichtet, wo es nur geht. Früher hingen überall diese klebrigen Fliegenfänger herum, die waren mir als Kind schon zuwider in all dieser Belanglosigkeit des Quälens einer Kreatur.

Vor kurzem habe ich von einer Sage, die nächste Umgebung betreffend, erfahren und bin dabei, sie zu erforschen, so gut es geht. Die Sage erzählt vom wiederkehrenden Erscheinens eines Schimmels bei Nacht an einem bestimmten Ort und zusätzlich gibt es noch die Erweiterung dieser Gechichte. Diese besagt, daß zu besonderen Anlässen auf diesem Schimmel auch noch ein Reiter ohne Kopf sitzt. Nicht weit davon entfernt wurde vor Jahren ein Gräberfeld entdeckt aus bajuwarischer Zeit. Das Thema dieses Schimmels kommt ja öfters vor in der nicht nur oberbairischen Sagenwelt  Und da ich ja eine alte Geheimniskrämerin bin, werd ich da weiterforschen, immer auf der Suche nach uralten kultischen Orten, je älter umso lieber.

 

Und wonach die Kraulquappe gerade herumforscht, könnt Ihr hier lesen