„und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Apg 2, 1-4
Ganz in der Nähe wird schon seit Tagen Pfingsten gefeiert, das Hochfest mit diesen außerordentlichen Begleiterscheinungen, die um das Kommen des Heiligen Geistes herumschwirren und die kein Mensch versteht, auch diejenigen nicht, die tatsächlich wissen, was „Glossolalie“ bedeutet. Weil das alles so außerordentlich vergeistigt ist, gibt es Versuche, das Fest zu einer Art Corporate Identity zu machen und also den Geburtstag der Kirche zu feiern.
Am besten ist es wohl, daraus ein intensives gastronomisch/zwischenmenschliches Begegnungsangebot zu schaffen, eine Einladung, die alle verstehen und das scheint überaus gelungen zu sein. Also gibts ein riesiges Bierzelt, das aus allen Nähten zu platzen droht, weil so viele hinein wollen, viel Currywürste und Braten und viel, viel zum Trinken, es ist laut und lustig und berauscht und irgendwann könnt man sicher auch bei genauerem Hinhören die pfingstliche Glossolalie vermuten … eingegeben von der aus großen Metallfässern ununterbrochen frisch gezapften, kühlen Geistigkeit … Heute findet der Leonhardi Ritt statt, wie schon vor vierhundert Jahren, viele geschmückte Rösser, viel Blasmusik, Trachtenverein und seligmachende Brauchtumspflege, dessen Ursprungsbedeutung sich längst im Nebel der Vergangenheit verloren hat. Viele viele Menschen kommen trotz Straßensperren, Umleitungen und kilometerlangem Stau mit Auto oder Radl von nah und fern und schauen auf den Zug, der sich von der Kirche, fahnenschwingend durch das Dorf und drumherum bewegt und irgendwann ganz in der Nähe des Bierzeltes zum Stillstand kommen wird. Rösser und Reitpersonal, einschließlich Pfarrer werden sich stärken und dann nimmt die Gaudi ihren Lauf. Bei Euch am Land ist die Welt halt noch in Ordnung, hat mal jemand zu mir gesagt und war völlig perplex, als ich gesagt hab, daß es kein „uns“ gibt und schon gar kein „am Land“, das haben die Städter erfunden, „das Land“ … aber bei Euch am Land sind doch die Beziehungen noch in Ordnung … ach ja?
Im Hintergrund läuft zum wiederholten Mal im Lieblingssender Ö1 die wunderbare Musiksendung „Spielräume“, im Andenken an Tina Turner. Eine meiner ersten LPs, mühsam zusammengespart, war Ike &Tina Turner, ich hab sie so oft gehört, da war eine Kraft drin, die mich mitgerissen hat und tanzen ließ und die ging eindeutig von Tina aus, die sang um ihr Leben. Jetzt läuft Early in the morning und da kann man es schon ganz deutlich hören, was paar Jahre später dazu führte, den prügelnden Ehemann zu verlassen, der es nicht ertragen konnte, daß sie ihn weit überragte. Niemand im damaligen Amerika hat zu ihr gehalten, alle waren auf der Seite von Ike und sie stand da, alleine mit nichts als ihrem unerschütterlichen und nahezu furchtlosen Mut und sie begann nochmal von vorne, ganz unten. Die Geschichte ist bekannt, viele Filme laufen derzeit über sie. Alle Widerwärtigkeiten des Lebens könne man zu Medizin verwandeln, sagte sie, und sie lehnte vehement ab, Opfer zu sein als Frau und ihren Tänzerinnen auf der Bühne verbot sie das Sexpüppchen Image, sie wollte starke Frauen um sich haben.
Sie hatte diesen unnachahmlich starken festen Schritt und ich frage mich, wie sie das machte, mit hohen Stöckelschuhen so sicher am Boden zu stehen ohne ein einziges Schwanken. Ach, man könnte ewig schreiben über sie, aber das tun jetzt noch kurze Zeit viele andere auch und dann wird sie vergessen sein mit ihrem Leben, nur Musik wird bleiben und bei den Menschen, die sie gut kannten „eine Hinterlassenschaft der Liebe“, wie es eine junge Frau ausdrückte, die ihr nahestand.
Für mich zeigt sie mit David Bowie am besten, wer und was sie war und wie sie da einander begegneten, in Achtung und dankbarer Wertschätzung auf Augenhöhe, umflossen von schier herzerreißender Zärtlichkeit … ein Augenblick, der mich immer mit der Welt versöhnt. Hab Dank, Tina Turner.
Der große Kaktus ist übersät mit Blüten, eine hat sich soeben geöffnet, ich würde am liebsten hineinkriechen in diese Farbe, mich bemalen lassen, streicheln von den Staubgefäßen, hineingleiten, mich wälzen und berauschen am Rot … im Rot im Rot im Rot…
Hier ist die Tür zum Reich der Kraulquappe: