Archiv für den Monat: September 2023

#22 Danse Macabre

Vor ein paar Tagen, am 23. September, trafen sie sich wieder zum verabredeten Zeitpunkt. Pünktlich standen sie sich gegenüber und sahen sich an, für diesen kleinen Augenblick der Ewigkeit. Zwischen ihnen die Schwelle der Unendlichkeit, über ihnen die Sonne, die bald zur anderen Seite wandern würde.

Die Zusammenkunft bleibt nahezu unbemerkt. Wir gehen aufgeklärt und nüchtern durch unser Leben, die Zeit läuft an uns herunter und hinterläßt ihre klebrigen Alltagsschlieren, niemand hat Lust auf Hokuspokus mit alten Kräften. Aber das heißt ja nicht, daß sie deshalb nicht existieren, nicht wahr?

Auch ich hätte die Tag und Nachtgleiche vergessen, aber zum Glück habe ich eine Freundin, die Unsichtbares wahrnimmt und weitererzählt, denn Fledermäuse sind äußerst gesprächig, auch wenn sie nichts sagen.

Und deshalb sitze ich nun um 8.50 Uhr mit Kater Herbert vor dem Haus und wir schauen vor uns hin. Der Herbert schnurrt ganz leise, sonst ist es still in diesem Moment. Und da kommen sie alle: der Himmel in tiefblauem Umhang, die Erdmutter in langen braunen Röcken, der Herr Mond in verschiedenster Leibumfänglichkeit, das Leben, in einem farbenprächtigen Gewand mit tiefen Falten, etwas gehetzt und verschwitzt, aber relativ freundlich blickend, und ganz zum Schluß kommt ein edles Roß und auf ihm sitzt eine schöne graugewandete Dame, blaß und lächelnd.

Und dann beginnen sie über die Schwelle zu tanzen nach einer unhörbaren Musik … der Feuersalamander mit der Bachforelle, das Vergangene mit dem Zukünftigen, der Morgen mit dem Abend, die Graue Dame gleitet vom Pferd und tanzt mit dem Leben einen Tango, wie mir scheint … ich ziehe meine blutroten Tanzschuhe an und möchte mittanzen, dort auf der Schwelle zwischen Licht und Dunkelheit, raum- und zeitlos mich wiegen, einen Schritt vor, einen zurück, einen zur Seite … aber längst ist der Spuk vorbei. Alle sind verschwunden in die Tiefen des Universums, und so mache ich für mich allein die ersten Schritte in den Herbst.

Die Alten sagten, bis zum Vollmond hätten wir Zeit, uns vom Sommer zu verabschieden, Dank zu sagen für alles, was wir geschenkt bekamen, für reiche Ernte, für das Lachen, das Miteinander, für die Freundlichkeit von lieben Menschen, für all das Gück, das uns vor die Füsse rollte, für die Sterne in der Nacht und die vielen vielen Farben, die sich  vereinen und uns umhüllen in der Dunkelheit.

„… Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht …“

Friedrich Nietzsche

 

Und da ist die Frau Kraulquappe wieder aufgetaucht!

#21 „Leben, leben muß man, meine ich …“ (Oskar Maria Graf)

Wir sahen schon von Weitem die Lastwägen über die Bundesstraße in Richtung Stadt rollen, beladen mit den zerlegten Fahrgeschäften. Unterhalb der Felsen, auf die die Große Kreisstadt gebaut ist gibt es einen runden Platz, auf dem zweimal im Jahr, im Frühling und im Sommer, das Volksfest Einzug hielt, für mich war es das Paradies auf Erden. Die Musik, der Geruch nach Zimt und gebrannten Mandeln, alles war bezaubernd und wunderbar. Und alles war sehr teuer, schier unerschwinglich für Menschen mit wenig Geld und wir hatten für all diese Köstlichkeiten immer zu wenig Geld. Aber manchmal durfte ich mit dem Kettenkarussell bis weit über die Dächer, wenn nicht sogar direkt zum Himmel hinauf bis in die Wolken hinein fliegen, begleitet vom Klang der Drehorgel. Oder auf dem Feuerwehrauto mit bimmelnder Glocke rasant im Kreis herumsausen. Mein Vater und meine Mutter sind mal mit der Schiffsschaukel bis zum Anschlag hinaufgeflogen, weil mein Vater plötzlich verwegen wurde und wie ein Wilder antauchte. Manch ein Stadtmäderl, dessen Eltern Geschäftsleute waren und Geld hatten, trug voller Stolz ein großes Lebkuchenherz um den Hals gehängt. Sowas hätte ich auch gerne bekommen, wahrscheinlich auch meine Mutter, aber das konnten wir uns nicht leisten. Das Geheimnisvollste auf dem ganzen Volksfest war dieser Mann mit einem langen Kaftan, an dessen Gürtel ein Säbel hing. Auf dem Kopf hatte er einen runden roten Hut. Mein nahezu allwissender Papa wusste selbstverständlich, daß das ein Türke war, das erkannte man  an seinem Fez auf dem Kopf. Er stand hinter einem Holzkarren, auf dem ein glänzender Riesenbatzen lag, ein harter Klotz von gelb-rosa Farbe und so hart, daß er nur mit dem Säbel bearbeitet werden konnte. Für ein paar Pfennige gab es Splitter in ein Papier. Das sei der Türkische Honig und das Beste, was es gibt auf der Welt, sagte mein Papa. Wir mussten aber mit dem Schlecken warten bis daheim, damit man da auch noch was hatte. Der geheimnisvolle Herr Türke sah meine Kinderaugen voller Sehnsucht und kratzte ein paar Splitter für mich zusammen. Es war einfach unbeschreiblich, dieser Genuß, egal, wie verpappt dann Hände, Gesicht und Haare auch waren.

Jetzt hat das Oktoberfest wieder begonnen und es wird heftig geschimpft über Bier- und sonstige Preise und überhaupt über diesen ganzen Blödsinn. Ich liebe Rummelplätze und versteh überhaupt nicht, warum man da soviel schimpfen muß. Kein Mensch braucht eine Maß Bier für fast 15 Euro trinken,  diejenigen, die sich trotzdem bis zur Besinnungslosigkeit besaufen, werden das Geld hierfür schon haben. Ich mag Bierzelte überhaupt nicht und schon gar nicht dieses Unwesen, das Menschenmassen dort treiben und sich dicht aneinander gedrängt grölend und schunkelnd daneben benehmen. Für die einen ist es die reine Glückseligkeit, für die anderen ist so ein Ort wichtig, um Geschäfte anzubahnen. Wie dem auch sei,  Menschen wollen sich berauschen, seit es sie gibt … die einen saufen alleine zuhause und die anderen halt lieber in Gesellschaft.

Mein Vater hat oft erzählt, wie er mit seinen Freunden auf die Wiesn gefahren ist, zum Besaufen hätte das Geld nicht gereicht, das war ihnen auch überhaupt nicht wichtig, denn sie hatten nur einen großen Wunsch, sie wollten den Steilwandfahrern zuschauen. Und so fuhren sie die 120 km nach München zur Wiesn, mit den Schnauferln, heute heißen sie Bikes. Einer hatte eine Horex, der andere eine Triumph, und ein anderer fuhr eine Jap. Damit war er aber nicht so glücklich, denn die taugte nichts, angeblich. Von meinem Papa weiß ich nur, daß er sich seinen Lebenstraum, eine 500 er BMW nie erfüllen konnte. Da fuhren sie also, die Freundinnen hinten drauf oder mit Beiwagen und dann standen sie voller Glück dort und schauten den verwegenen Kerlen beim Steilwandfahren zu. Das Glück damals muß groß gewesen sein, er hat ein Leben lang davon erzählt.

Ich liebe Rummelplätze, diese Kackophonie der Musiken, diesen Duft, der über der ganzen Stadt zu liegen scheint, das und ich bin sicher, daß jede Frau glücklich ist, wenn sie ein Herzerl bekommt. Egal wie kitschig, überteuert oder sonstwas es ist, jeder Mensch freut sich über sowas. Ich hab auch mal eins bekommen vor vielen Jahren, und ich hab es solange aufgehoben, bis es zerbröselt ist.

Gestern kam der Einzug der Trachtenvereine im Fernsehen, 7 km marschieren alle. Mein Vater hat diese Marschiererei gehasst, ich mag sie auch nicht, aber als sie dann den Bayrischen Defiliermarsch gespielt haben, da war so ein bisserl ein Gefühl in mir, ein warmes Gefühl, ein Bewußtsein, zu dieser Nation zu gehören und da Heimat zu haben, auch wenn es noch so grauslige politische Verwerfungen gibt. Das ist trotz  allem ein Gefühl von „ja, da bin ich daheim“.

Dann kam eine geheimnisvolle Benachrichtigung, die besagte, daß an einer Stelle was für mich hinterlegt wurde, die zwar etwas unwegsam, aber für eine Fährtensucherin wie mich sicher auffindbar wäre. Da ich Geheimnisse liebe, hab ich mich sofort auf die Findung gemacht und dann war da ein Packerl mit türkischem Honig, gebrannten Mandeln und …

als ich schon vor Freude Rotz und Wasser geheult hab, hab ich auch noch das  Lebkuchenherzerl gefunden, auf dem steht: Alles wird gut!

Ja, ganz bestimmt, denn was auf einem Herzerl steht, geht hundertprozentig in Erfüllung!

 

Und da schreibt meine derzeit ziemlich aushäusige wunderbare Kraulquappen-Gefährtin!

#20 „Ist die Schwarze Köchin da?“

Wenn am frühen Abend die Sonne immer goldener wird, bevor sie dann als roter Ball in den Chiemsee fällt, fahre ich meine immer gleiche Radlrunde durch den Wald, vorbei an Wiesen und Äckern. Lange schon ist das Korn geerntet … ist ein Schnitter, heißt der Tod … nur der Mais steht noch. Auf den meisten Feldern wurde alles Unkraut vernichtet, nur bei ein paar wenigen durften an den äußeren Rändern wilder Beifuß, Beinwell, Schafgarbe sich ansiedeln und eine Schlingpflanze an den Maisstangen der vorderen Reihen sich emporranken. Als Kinder sind wir im Spätsommer gerne zu den Getreidefeldern und haben die wilden Erbsen roh aus den Schoten gegessen. Unzählige davon wuchsen dort und rankten sich um die Getreidehalme. Das, was sich jetzt um den Mais schlingt, schaut genauso aus und ich bekomme die alte Kinderlust, die Schoten aufzubrechen. Aber ich wage es nicht, vieles ist nicht mehr das, was man meint, daß es ist. Während ich durch den warmen Herbstabend fahre, läuten die Kirchenglocken mit warmen angenehmen Klängen. Früher mußten die Dorfkinder beim Läuten heimgehen … Wo sind eigentlich die Kinder, frage ich mich, wenn ich durch das Dorf fahre. Nirgends ist eines zu sehen. Mein Kinderfreund und ich, wir spielten damals an diesen warmen Abenden stundenlang „Bäreneintreiben“, da mußte man mit einem Stock eine alte Blechbüchse in ein Loch am Boden hinein bugsieren und sich gegenseitig dabei behindern. Oder wir spielten „Ochs am Berg“ und wenn mehrere Kinder da waren, „Räuber und Gendarm“.  Wir spielten auch „Fürchtet ihr euch vorm Schwarzen Mann“, das habe ich nicht als lustiges Spiel in Erinnerung, wenn ich heute an den Text denke, läuft mir immer noch ein Schauder über den Rücken. „Fürchtet ihr euch vorm schwarzen Mann? Nein, nein, nein! Wenn er aber kommt? Dann laufen wir davon!“ Wir rannten schreiend auseinander, niemand wusste bis dahin, welches Kind der Schwarze Mann war, niemand wollte sich von ihm berühren, fangen lassen … wir rannten um unser Leben. Hatten wir sowas wie eine Ahnung, daß der Schwarze Mann der Tod war?

Als Ausgleich gab es „Die schwarze Köchin“, vor der wir uns versteckten unter einem der zahlreichen Hollerbüsche. Heute weiß ich, daß es in diesem Spiel um die Geschichte einer uralten schwarzen Göttin geht, zu deren Reich man durch einen Eingang im Hollerbusch gelangt. Der Holunder war einst so heilig, daß mein Großvater und alle übrigen Männer in seiner Nähe ihren Hut abnahmen. Und obwohl diese Schwarze Köchin im Spiel sich Kinder holte, hat sie uns nicht geängstigt und wir saßen kichernd husch, husch, husch im Hollerbusch. Seltsam, wie ausgestorben die Dörfer in der langen Sommerferienzeit sind. Was wohl die Kinder heute für Spiele spielen, vor allem: Wo spielen sie? Man begegnet ihnen nicht mehr irgendwo draußen. Ihr Lachen ist so unhörbar geworden. Es gibt sie, doch wo sind sie nur?

Vorhin wurde es auf der Bundesstraße laut, sehr laut. Schon wieder dieses Dröhnen und dann kommen sie, die Panzer und alles übrige auch, das große Besteck sozusagen, alles rumpelt durch das Tal mit grausigem Krawall. Und dann gehen plötzlich zwei kleine Mädchen mit langen, wippenden Pferdeschwänzen an unserem Haus vorbei. Sie schleppen einen großen Einkaufskorb in Richtung Wald und sind so sehr in ihr Gespräch vertieft, daß sie gar nichts um sich wahrzunehmen scheinen. Nach kurzer Zeit kommen sie wieder zurück, der Korb ist noch leer und die beiden sind immer noch ganz versunken in ihr Gespräch. Anscheinend haben sie sich Wichtigstes mitzuteilen, zwischendurch lachen sie kurz und dann wieder sind sie mit so einer ausschließlichen Ernsthaftigkeit in die Sache vertieft, wie nur Kinder das können.

Der Militärkrach auf der Straße ist leider so  laut, daß ich nicht verstehen kann, über was sie reden, sie hören sich aufmerksam zu  und schauen einander an, wenn sie sprechen. Gemeinsam schleppen sie den Korb, die kleinen Hände sind sich so nah wie ihre Herzen.

Wie schön das ist, eine Freundin zu haben, der man alles erzählen kann, egal wie laut der Krach ringsherum auch sein mag.

Und hier erzählt die Kraulquappe!

#19 So schauts aus oder die Wahrhaftigkeit des Wurms

Völlig verfrüht fallen schon Äpfel von den Bäumen. Auch meine Lieblinge, die rotbackigen. Jeden einzelnen sammle ich auf. In manchen haben sich Gäste kunstvolle Ferienwohnungen gebaut mit geheimen Gängen, die sich labyrinthartig durch den Apfel schlängeln. Was für Kunstwerke doch so ein kleiner Wurm zustande bringt. Wenn ich im Vergleich dazu die baulichen Scheußlichkeiten sehe, die hierzulande entstehen, um dem Tourismus ein Oberbayern vorzugaukeln, das es gar nicht gibt … da ist mir die Wahrhaftigkeit des Wurms im Apfel viel lieber. Der erste Strudel ist immer ganz was besonderes, wurde sehnsüchtig erwartet und macht glücklich. Und ich staune immer wieder, was man aus Mehl, Wasser und im Höchstfall noch mit einem Ei, aber es geht auch ohne, und ein paar Falläpfeln für eine Köstlichkeit zaubern kann! Und ich empfinde große Dankbarkeit dafür, daß die Bäume trotz widrigster Wetterumstände ihre Gaben uns zum Geschenk machen.

Als ich den Einkaufsmarkt verlasse, bringt gerade die alte Frau den Chrysanthementopf aus ihrem Einkaufswagen zum Gestell mit den übrigen Blumen zurück und sucht einen anderen, schöneren aus für ihren Einkaufswagen. Ihr Mann hilft ihr dabei und versucht mit Engelsgeduld und großer Liebenswürdigkeit seine Frau zu einem Abschluß der Prozedur zu bewegen. Das tut er seit mindestens einer halben Stunde, denn als ich in den Laden hineinging, standen sie auch schon am Blumenständer. Wie aus der Zeit gefallen wirken die beiden, befasst mit der schier unlösbaren Aufgabe, sich inmitten von grenzenlosem Konsum zu einer Entscheidung durch zu quälen. Ich sitze da, desinfiziere meine Hände und sehe ihnen zu, wie sie langsam den Stein hinaufwälzen, der dann wieder hinunterfällt und das Ganze beginnt von Neuem, wie schon in uralter Geschichte erzählt. Nebenbei verlassen mit Billigfleisch zum Grillen vollbepackte Wägen den Markt, geschoben von Menschen in Badelatschen und viel zu kurzen Hosen und werden in SUV-Audi-BMW-Kofferräumen verstaut … eine Frau schreit ins Telefon, daß endlich mal jemand den Hund abholen müsse und daß ihr das jetzt scheißegal wäre … ein Mann ruft: Mutti, haben wir noch Butter? … die Mutti dreht sich um und geht leicht hinkend nochmal in den Markt. Der Mann geht einstweilen zum Auto und braucht all seine Kraft, die Heckklappe hoch zu bugsieren … ein kleiner alter Mann vor seinem riesigen Auto.

Die Benachrichtigung ist gekommen, morgen hole ich auf der Gemeinde die Wahlunterlagen und dann wähle ich die einzige Partei, von der ich mich derzeit vertreten fühle in meinen Anliegen. Nicht nur der Landesvater und sein zwar unglaubwürdiger aber allseits beliebter Vize, sondern nach wie vor „Kabarettistinnen“ hetzen gegen die Grünen, „weil die uns den Wohlstand nehmen wollen“ … ja, es jammern stets am lautesten die Wohlhabenden, das war schon immer so und wird sich nie ändern, Armut ist leise. Wirklich arme Menschen haben keine Stimme, die sagen nichts, weil sie sich schämen, gescheitert zu sein inmitten einer Welt der Sieger.

Schmerzhaft nach wie vor sind die Verhaltensweisen der eigenen Artgenossinnen, die das sogenannte „Gendern“ vehement bekämpfen, die aus grell mit Schminke verschmierten gelifteten Gesichtern gegen angebliche Verschandelung der schönen deutschen Sprache und gegen jegliche Verweiblichung anschreien. Sie bestehen darauf, Künstler zu sein, Bürger, Leser, Schriftsteller, Politiker … weiterhin Mitglieder ohne Glied in einem Patriarchat, das sie zwar einstens wüst beschimpft haben, aber das halt doch viel mehr Sicherheit gibt und Frauen vermeintlich Schutz bietet, vorausgesetzt, sie halten sich an die Regeln. Dazu gehört auch, daß über andere Frauen gehässig Gift und Galle gespritzt wird, so z.B. über dicke Frauen, die sich erdreisten, trotz Körperfülle Politik zu machen und tatsächlich sich für wertvolle Ernährung einsetzen.  Es ist bitter, mit welcher Ignoranz man es in den eigenen Reihen zu tun hat. In früheren Zeiten waren Frauen schlichtweg in der Öffentlichkeit nicht vorhanden und Männer verbaten ihnen das Studieren. Da brauchte es keine eigene Sprache. Jetzt sind Frauen vorhanden und wollen eine Sprache … zumindest so unverbesserliche wie ich und noch ein paar. Vor Jahren dachte ich, daß das großartige Buch von Luise Pusch:  „Die Frau ist nicht der Rede wert“ doch bald längst ausgedient hätte … weit gefehlt.

Aber auch da gibt es Hoffnung bei jungen Leuten, die ihren eigenen Kampf um diese Welt führen und für die so vieles, was in meiner Generation die Ewiggestrigen niemals lernen, z.B. eine angemessene Sprache, einfach selbstverständlich ist. Und damit das auch mal gesagt wird: ich bin unbedingt auf der Seite derer, die sich auf die Straße kleben oder sonstwas anstellen, um in einem schier auswegslosen Kampf alte Betonhirne zum Umdenken in eine Zukunft zu zwingen, die für Menschen auf diesem Planeten noch erlebbar ist.

Wir hatten heuer kaum Bienen, keine Wespen, keine Hornissen, keine Hummeln, fast keine Vögel mehr und keine Igel, es gibt kaum Obst, die Bäume sind entweder vertrocknet oder versumpft, die Fichten sterben und es wird weiterhin Monokultur betrieben und es werden mehrmals im Jahr hunderttausende Liter Gülle auf die Wiesen gespritzt, als ich beim letzten Gülletransport bei 32 Grad Hitze aus dem Haus getreten bin, hab ich mich übergeben müssen von diesem Gestank. Und es wird gebaut und gebaut und das Land versiegelt unter Parkplätzen riesiger Industriegebiete und unter Eigenheimen mit Doppelt- und Dreifachgaragen, natürlich mit Fußbodenheizung, damit das Auto nicht friert im Winter.

Trotz alledem trägt der alte Nußbaum hinterm Haus wunderbare Nüsse, die Rosen blühen immer noch, Brombeeren hängen dicht an den Büschen und ich such jetzt wieder in schnurrender und herumtollender Begleitung von eigenen und ständig zulaufenden Miezekatzen meine kleinen roten Äpfel im Gras zusammen und mach nochmal einen Apfelstrudel! Seid alle lieb gegrüßt, die Ihr hier mitlest!

 

Ganz liebe Grüße auch an die liebe Kraulquappe!