Archiv der Kategorie: Lieder

Ihr und Wir und Du und Ich … „es Glas uf d’Liebi und eis uf z’voue Läbe … uf aui grosse Tröim …“

Uf Mueters Seu wo hüt
Furt isch voder Ärde
Uf au die schöne Ching
Wo hüt znacht gebore wärde
Uf au die Zyt wo isch vergange
Uf au die Zyt wo mir no blibt
Uf die grüene Triebe
Uf die süesse Frücht ide Böim
Uf aui grosse Plän u
Uf aui grosse Tröim
Uf au die wo fiire u no singe
Uf au die wo sueche
U wo vilech sogar finge
Es Glas uf d’Liebi und eis uf z’voue Läbe u
Eis uf au das wo mir nid chöi häbe
Es Tor geit uuf unes angers geit zue
Blibsch i mim Härz (sogar no denn) wes afaht weh tue
Uf au die wo chöi vergässe
Uf au die wo chöi vergäh
Uf au die wones grosses Härz hei
U wosech das nid löh la näh
Ufne gränzelose Himu
Ufnes uferloses Meer
U für immer uf di
Es Glas uf d’Liebi und eis uf z’voue Läbe u
Eis uf au das wo mir nid chöi häbe
Es Tor geit uuf unes angers geit zue
Blibsch i mim Härz (sogar no denn) wes afaht weh tue
Es Tor geit uuf unes angers geit zue
Blibsch i mim Härz (sogar no denn) wes afaht weh tue
Uf Mueters Seu wo hüt
Furt isch voder Ärde
Uf au die schöne Ching
Wo hüt znacht gebore wärde
Uf au die Zyt wo isch vrgange
Uf au die Zyt wo mir no blibt

 

Auf Mutters Seele die heute
Fort ist von der Erde
Auf all die schönen Kinder
Die heute Nacht geboren werden
Auf all die Zeit die vergangen ist
Auf all die Zeit die mir noch bleibt
Auf die grünen Triebe
Auf die süßen Früchte in den Bäumen
Auf alle großen Pläne
Auf alle großen Träume
Auf alle die feiern und singen
Auf alle die suchen
Und die vielleicht sogar finden
Ein Glas auf die Liebe und eins aufs volle Leben und
Eins auf all das was wir nicht halten können
Ein Tor geht auf und ein anderes geht zu
Du bleibst in meinem Herz (sogar dann noch) wenn es anfangt weh zu tun
Auf alle die vergessen können
Auf alle die vergeben können
Auf alle die ein großes Herz haben
Und sich das nicht nehmen lassen
Auf einen grenzenlosen Himmel
Auf ein grenzenloses Meer
Und für immer auf dich
Ein Glas auf die Liebe und eins aufs volle Leben und
Eins auf all das was wir nicht halten können
Ein Tor geht auf und ein anderes geht zu
Du bleibst in meinem Herz (sogar dann noch) wenn es anfangt weh zu tun
Ein Tor geht auf und ein anderes geht zu
Du bleibst in meinem Herz (sogar dann noch) wenn es anfangt weh zu tun
Auf Mutters Seele die heute
Fort ist von der Erde
Auf all die schönen Kinder
Die heute Nacht geboren werden
Auf all die Zeit die vergangen ist
Auf all die Zeit die mir noch bleibt

Vielen herzlichen Dank an Patent Ochsner für den freundlichen Kontakt und die Übersetzungshilfe, und die Erlaubnis, alles hier veröffentlichen zu dürfen!

»Andrea s’è perso …«

Dem fahlen Himmel haben die Berge die Farbe ausgeschlürft, an ihren Steilwänden läuft sie hinunter und versickert in den Falten. Blau sind sie jetzt, so blau wie damals das Cover der Platte „Blu“ von Fabrizio de Andre. Im Autoradio ein Feature zu seinem Geburtstag. 80 Jahre alt wäre er geworden, wenn ihn der Tod nicht schon vor 20 Jahren geholt hätte. Einer, der aus wohlhabender Familie stammend, es sich leisten konnte, für die am Rand zu singen, sagt die Sprecherin.
Einer, der immer ganz nah an den den Abgrund heranging und über den Rand schaute, zu den Verlorenen und Abgestürzten, der seine Poesie entgegenstellte dem hoffnungslosen Leid und zärtliche Lieder als Geschenke für die Huren in den Schlamm der Straßen fallen ließ, sage ich.
Aber was wissen wir schon … er hat Lieder gemacht, um zu überleben, auch über die Zeit der Gefangenschaft in den sizilianischen Bergen, er hat viel getrunken, um zu überleben und immer wieder kommen Rosen vor in seinen Texten als Geschenk für die, denen niemand mehr was schenkt.

Früher, in dieser Zeit, die man dann später als „Jugend“ bezeichnet, da hörten wir seine Lieder, deren Texte wir nicht verstanden, wir liebten seine schöne Stimme und ließen uns tragen von den Klängen, durch die Liebe waren wir leicht geworden, eine Zeitlang …
Wir waren jung, der Geliebte und ich und wir hatten es mit der Liebe zu tun, sie duftete nach Rasierwasser, Küsse schmeckten nach Wrigley , unsere Lippen waren weich, die Haut zitterte unter den aufgeregten Händen … für immer und ewig sollte er weitergehn, der Tanz ins Glück.

La canzone dell’amore perduto

Erinnere dich, die Veilchen erblühten
bei unseren Worten:
„Wir werden uns nie verlassen, nie und nimmer“.

Vorrei dirti ora le stesse cose
ma come fan presto amore
ad appassir le rose
così per noi

Die Liebe, die die Haare rauft,
Ist nun verloren,
Nichts bleibt außer ein wenig lustlosem Streicheln
Und etwas Zärtlichkeit.

Ma sarà la prima
che incontri per strada
che tu coprirai d’oro
per un bacio mai dato
per un amore nuovo

Viel später sagte der ehemals Geliebte: Du warst die erste, wirklich große Liebe in meinem Leben. Der Kuß war zu schwer von Verrat und sank zwischen unseren Mündern zu Boden.

Wie lange das alles schon vorbei ist, viele Jahre konnte ich die Lieder von damals  nicht mehr hören, jetzt ist der Schmerz blaß geworden wie der heutige Himmel, eine kleine Wehmut ist geblieben, und als ich das Lied „Andrea“ höre, da kriechen nochmal die Bilder von damals aus ihren Verstecken und lassen mich die Narben spüren … Es handelt von einem, der sich verlaufen hat und nicht mehr zurückfindet … ja, ich weiß, wie das ist. Ich weiß, wie man verlorengehen kann, immer und überall und in Menschen, in ihren Augen und Worten und in meinen eigenen Gefühlen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn eine Geschichte auserzählt ist und das pochende Herz das nicht glauben will. Die Liebe läßt sich nicht halten, weder beim Kommen, noch beim Gehen. Sie bietet keinerlei Sicherheit und schützt nicht vor Verrat. Sie kümmert sich weder um das, was ihr vorauseilt, noch was sie hinter sich herzieht. Das einzige, was die Liebe tut, ist lieben.

Andrea s’è perso
S’è perso
E non sa tornare
Andrea aveva
Un amore
Riccioli neri
Andrea aveva
Un dolore
Riccioli neri …

Andrea hat sich verlaufen und findet nicht mehr zurück. Er hat sich in einer schwarzgelockten Liebe verloren und jetzt in einem schwarzgelockten Schmerz … auf dem Papier steht, er wäre fürs Vaterland gefallen … abgeknallt haben sie ihn, in den Trentiner Bergen …

Dieses Lied war damals ein großer Hit in Deutschland, wahrscheinlich, weil alle dachten, es sei einer der üblichen SommerSonneStrandSchmachtfetzen … in den Eisdielen rauf und runtergespielt, wer kümmerte sich schon um den Text … auch ich beginne erst jetzt, zu begreifen, um was es eigentlich geht und warum Fabrizio de Andre es den „Kindern des Mondes“ gewidmet hat! Und erst jetzt verstehe ich, warum ich oft  weinen musste, wenn ich es gehört habe.

Einer, dem es wohl auch unter die Haut gegangen ist, war Sigi Maron, der österreichische Liedermacher, der mit seiner Anarchie und EigenArt auf der Beliebtheitsskala der Angepassten ziemlich weit unten gehalten wurde und zeitweise sogar im Radio gesperrt , weil er zu sperrig und wütend über die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten war. Ich glaube, er ist Fabrizio de Andre sehr nahe gekommen mit seiner Art, das Lied auf Österreichisch umzuverdichten.

Leider ist der wunderbare Sigi Maron vor vier Jahren gestorben. Und vor einem Jahr ungefähr wollten ihm ein paar Musiker nochmal eine Ehre erweisen und es gab einen Tributabend für Sigi Maron im Wiener Stadtsaal. Daß der Nino von Wien, Ernst Molden und  Robert Rotifer hochkarätige und grandiose  Musiker sind, wusste ich natürlich, aber was mein Herz zum Überlaufen bringt vor Freude das ist diese große Zärtlichkeit, mit der ein jeder von ihnen sich dem Werk von Sigi Maron und letztendlich auch von Fabrizio de Andre nähert. Ein jeder von ihnen ist unverwechselbar er selbst … Nino Mandl liest: „es gibt kaan Gott“, es ist sein Text und trotzdem ist klar, daß die Poesie von Sigi Maron kommt! Und dann das Lied , dieses kleine große Lied über den „Andreas“, der sich verrennt hat …und sehe, wie er die Veilchen und die schwarzen Locken in den Brunnen wirft und dann … langsam … sich selbst hineinfallen läßt … ganz leise werd ich da, höre zu und sehe sie alle auf dieser Bühne, auch die zwei, die schon gegangen sind.

Andrea s’é perso … Andreas hot se varrennt

 

 

 

 

Hedschebetsche

Ein wildes Geflatter, Tirillieren und Tschilpgesänge in den Obstbäumen heute , die Krammetsvögel sind also auch schon da … kleine schwarze Federwesen, ich glaube, es sind Drosseln, picken hoch oben das heraus, was von den ca. 20 Zentnern Obst noch an den Ästen hängt. Alle Katzen hocken unten und sehen in eine Richtung, im Blick förmlich die Sehnsucht nach zarten Vogelbrüstchen …

Die wilden Rosen bilden Tore, untereinander und zu allem, was sonst noch wächst und so lang an einem Fleck stehenbleibt, bis eine Ranke sich herumschlingen kann. Wer oder was soll hindurchschreiten oder sind es Brücken, damit eines das andere berühren kann? Die Hagebutten färben sich heftig mit obszönem Rot und bringen das Blut in Wallung bevor es der langen Dunkelheit entgegengeht. Rot, prall und hart mit schwarzen Kappen recken sie sich aus den stacheligen Zweigen. Im nahen Österreich heißen sie mancherorts „Hetschebetschen“. Auf unserer Seite der Grenze gibt es diesen Namen nicht, aber als Kinder sagten wir oft „hetschibetschi“, wenn wir schadenfroh waren, dabei rieben wir die Zeigefinger verkreuzt aneinander..

Viele Jahre ist es her, da fuhr immer um diese Zeit eine sehr kleine Frau mit einem großen Rad frühmorgens bei uns vorbei in Richtung Hügel. Sie ging hinauf zu den Hecken und pflückte den ganzen Tag Hagebutten. Man mußte ganz nah hingehen, um sie überhaupt zu sehen, sie war so verschmolzen mit den Büschen als wäre sie einer von ihnen. Auf die Frage, warum sie nie von den scharfen Dornen zerkratzt würde, gab sie eine geheimnisvolle Antwort … ich erinnere mich nur noch daran, daß es wohl mit der Haltung zu tun hatte, mit der man sich so einem Dornenstrauch nähern dürfte. Gesagt hat sie ansonsten nicht viel, nur, daß der Wein solang in den Ballons bleiben müsse, bis die Hagebutten dreimal auf- und dreimal abgestiegen seien, erst dann wäre er reif und man könne ihn trinken. Am Abend fuhr sie wieder bei uns vorbei, beladen vorne und hinten mit vollen Taschen und am Buckel einen großen Rucksack. Sie kam immer ein paar Tage hintereinander und das jahrelang. Irgendwann kam sie nicht mehr.

Eine, die ich kannte, ist gestorben. Ihr Bruder entsorgt den Nachlaß und verschenkt das Meiste, um es nicht in den Container werfen zu müssen. Ich komme in die Wohnung, als nur noch die Bücher übrig sind. Einige tausend stehen da, keiner will sie, nur mühsam leeren sich die Regale. Während der abgestorbene Leib von M. im Kühlschrank des Beerdigungsinstitutes auf die Einäscherung wartet, gehe ich in ihrer Wohnung an den Regalen entlang durch ein ganzes Leben. Ich nehme Schachteln mit leeren Postkarten mit und Briefpapier, viele Bücher und etliches, was sonst niemand will, nur damit es nicht weggeworfen wird, Marionetten, Kerzen etc. nichts Persönliches, keine Fotos oder Tagebücher, die Wohnung ist geputzt und aufgeräumt, nichts mehr erinnert direkt an M. und trotzdem überflutet mich beim Durchsehen der Bücher plötzlich eine Welle von Schamgefühl, als hätte ich unberechtigt die Tür geöffnet zu einem Raum, dem intimsten, den ein Mensch nur haben kann: die grenzenlose Einsamkeit.

Sehr warm ist es tagsüber, aber am Abend kommen schon die Nebelschwaden von Osten her in das Tal und bald werden sie ein Meer bilden.

Der Sommer ist vorbei und der Herbst ist gekommen. Waage geht über das Land und prüft, was zu leicht, was zu schwer, was es wert ist, in die dunkle Zeit mitgenommen zu werden und was wir besser zurücklassen sollten.

Das Leben ändert ständig seine Richtung und stellt sich immer mehr als eine nie endende Abfolge von Verlusten dar, eine ewige Übung, loszulassen … alles … und das Geheimnis: nur das, was wir verabschieden, können wir auch wieder begrüßen. Und manchmal ist auch Wehmut angesagt, finde ich, die gehört einfach auch zum Leben.

Die Riederinger Sänger, die diesen magischen und uralten Männerviergesang so beherrschten, daß es mir durch und durch geht, die gibt es in dieser Formation leider nicht mehr, aber das wie ich meine, allerschönste ihrer Lieder, das habe ich jetzt wieder gefunden, nachdem es jahrelang verschwunden war. Diese Art zu singen, in der Tradition der Alpenländer, hat ganz alte Wurzeln. Man muß nicht unbedingt „schamanisch“ dazu sagen, wie es jetzt modern ist, um zu erklären, daß es selbstverständlich schon in vorchristlicher Zeit Gesänge gab, die dazu dienten, sich mit guten Kräften zu verbünden und gegen die Angst anzusingen.

Versuch, zu „übersetzen“, was nicht zu übersetzen geht:

Der Sommer ist hinausgegangen
ich muß hinunter ins Tal,
Pfiati Gott (adjeu) meine liebe Alm (Sommerweide im Gebirge)
Pfiati Gott tausend Mal
schön still ist´s schon geworden, ja
kein Vogerl singt mehr, ja
und es weht schon der Schneewind
vom Wetterstein her (Hochgebirgsmassiv in den Alpen)

So hart, wie´s heut´für mich ist, ist es noch nie gewesen,
ganz so, als sollt ich meine Alm heut zum letzten Mal sehn
und müsst ich gar bald
schon zur Erd und zur Ruh, ja
dann deckt mich mit Felssteinen und Almblümerl zu, ja
dann deckt mich mit Felssteinen und Almblümerl zu.

 

Und dann kommt der Jodler, der mit dieser Magie des Hinauf- und hinübersingens die Verbindung herstellt zu einer anderen Welt für die, die gegangen sind.

 

„…Hombre…“

Mir ist heute auf mysteriöser Luft -Schall- Wellenbewegung durch Schneegestöber und durch den unendlichen Äther ein Lied zugeschwebt, noch dazu ein schönes von einem Schönen! Und weil mir das so eine Freude macht und ich das Lied wirklich gut finde, will ich es hier gleich weiterschenken!

Rainer Schöne, jetzt 75 Jahre alt, die Stimme und das Gesicht eines gereiften, lebenserfahrenen Menschen mit jungen, glänzenden und lachenden Augen und diesem kleinen, ganz leicht überheblichen Lächeln im Mundwinkel, von einem, der weiß, was er kann und es auch herzeigt mit der  Attitüde des weltmännischen Draufgängers…

Träfe ich ihn in einem Western, ich würde ihn „Hombre“ nennen…

Meinen herzlichen Dank an den aufmerksamen und liebenswürdigen (noch) fremden Liedschenker!

P.S. …und ja, ich werd noch jung sein, jetzt da ich älter bin…und mein Blut unter der Haut ist schnell und laut und die Lust ist wild und sehr vertraut und meine Liebe verschenkt sich uferlos auf ihre Weise, laut lachend und manchmal ganz leise, ich bin noch da…kämpferisch und gebückt, gealtert , und doch verwegen und verrückt, jetzt da ich älter bin…

„O Königin, zu dienen Dir …“

Was für eine wunderbare Idee von Christiane, Balladen zusammenzutragen! Hier gleich eine meiner liebsten:

Thomas der Reimer
(Altschottische Ballade)

Der Reimer Thomas lag am Bach,
Am Kieselbach bei Huntly-Schloß,
Da sah er eine blonde Frau,
Die saß auf einem weißen Ross.

Sie saß auf einem weißen Ross,
Die Mähne war geflochten fein,
Und hell an jeder Flechte hing
Ein silberblankes Glöckelein.

Und Tom der Reimer zog den Hut
Und fiel ins Knie; – er grüßt und spricht:
„Du bist die Himmelskönigin
Und bist von dieser Erde nicht.“

Die blonde Frau, sie hält ihr Ross:
„Ich will dir sagen, wer ich bin,
Ich bin die Himmelsjungfrau nicht,
Ich bin die Elfenkönigin.

Nimm deine Harf und spiel und sing
Und lass dein bestes Lied erschalln,
Doch wenn du meine Lippen küsst,
Bist sieben Jahr du mir verfalln.“

Und Thomas drauf: „O Königin,
Zu dienen dir, es schreckt mich kaum.“
Er küsste sie, sie küsste ihn,
Ein Vogel sang im Eschenbaum.

„Nun bist du mein, nun zieh mit mir,
Nun bist du mein auf sieben Jahr.“
Sie ritten durch den grünen Wald,
Wie glücklich Tom der Reimer war.

Sie ritten durch den grünen Wald,
Bei Vogelsang, bei Sonnenschein,
Und wenn sie leis am Zügel zog,
So klangen all die Glöckelein.

Theodor Fontane

 

Für G.

vor zwei Tagen wäre er 70 Jahre alt geworden:

Georg Danzer

7. Okt. 1946  –  21.Juni 2007

 

Und hier lieber Schurl, wo Du auch bist, Dein Lieblingslied vom alten Freund, dem Ambros Wolfgang:

 

„…über meine Seele führt mein Weg,

über meine Liebe führt mein Weg,

über meine Träume führt mein Weg…

komm, laß Deine Sehnsucht an den Start…“ (Danzer)

wish

Aus dem „Mond der reifenden Beeren“ ist längst eine Sichel geworden, das Rad dreht sich weiter, nach dem 63. Geburtstag kommt das 64. Lebensjahr. Nichts bleibt, gar nichts, alles vergeht und ändert ständig seine Gestalt. Der Körper wird weiter verfallen, um sich irgendwann abzustreifen und davonzufliegen. Wilde Kräfte sind am Werk, der Feuerdrache bläst heisse Wüstenluft über das Land, das schon nach Herbst riecht. Aber „noch“ ist Sommer. „Noch“, nicht mehr abzuschütteln wie „Seniorin“ und so manche andere Gemeinheit. Wenn schon, dann müsste es „DENNOCH“ heißen! Dennoch tanzen, dennoch schreien, singen, jauchzen, spinnen, in den Wald laufen, die Dinge verwandeln, Freude in die Augen der Menschen zaubern, aufregen, trommeln und nicht aufgeben, weiterhin Didgeridoo zu lernen, grad extra! Ja, und „Schreiben als Dennoch“, wie es der versteckte Poet formuliert hat, der leider noch immer verstummt ist, ich vermisse ihn!
Und dennoch die Musik laut aufdrehen und einen dieser wilden jungen Männer mit den alten Gesichtern singen lassen.
Es gibt junge, wilde Männer mit jungen Gesichtern, die wunderbare Musik machen, in der ist die wilde, ungestüme Kraft des Aufbruchs, alles beginnt neu und sie stürzen sich in das Leben, das vor ihnen liegt, alles wird sich erst formen, alles ist noch möglich… lieben tu ich die jungen Männer mit den alten Gesichtern, denen man das Leben ansieht, das sie gelebt haben, und in deren Musik alles ist, was ein Mensch erleben kann, die ganzen Freuden, aber auch die Einsamkeiten und all die Schwere der Existenz. Alles, alles und dennoch!
Bei einem dieser alten, jungen Männer geschieht dieses Wunder, das nicht zu erklären ist, ein Phänomen, das ich nur Liebe nennen kann in Ermangelung jeglicher Begrifflichkeit, einer der so Musik macht, muß ein übervolles Herz haben!
David Gilmour rettet mir förmlich das Leben, sobald er den ersten Ton spielt!

Ich möchte dieses Erlebnis gern mit Euch teilen als Dank für die lieben Worte und Wünsche und was noch so alles daherkam, um mich trotz Melancholie in mein neues Lebensjahr hinüber zu schubsen, hab mich sehr gefreut darüber und überhaupt freue ich mich immer sehr über alles, was Ihr hier hinterlasst, auch über die bunten Bildchen, jeder Klick erscheint mir wie ein Lichtzeichen aus fernen Galaxien, herzlichen Dank an alle und Eure wertschätzende Beachtung!

Und nun Bühne frei für den großen Zauberer!

Hinunter

Foto

Bild:  Louwit

Da stehen wir nun, am Platz der Wilden Frauen, in der Nacht vor Allerheiligen. Halloween. Samhain. Eine Handvoll Frauen, nicht mehr die Jüngsten, vom Leben längst desillusioniert, von Alltagspflichten gestresst, haben wir noch Träume? Was suchen wir am Bach, in diesem finsteren, kleinen Gehölz? Die Membran zwischen drüben und hier soll durchlässig sein in dieser Nacht, sagten die Alten. Viele Geschichten spinnen Fäden um das Hier und das Dort, das Oben und das Unten, der dunkle Fluß, über den wir irgendwann müssen; Charon, der Fährmann, Skorpionmenschen, die uns begleiten…alles schwer verständlich. Wir entscheiden uns, einer Spur zu folgen, die der alten Göttin Inanna, die die Ohren spitzt und ihre Schwester hört, tief unten…

Wohin absteigen? Der Mythos rätselhaft, die Aufgabe, in uns hinunterzusteigen, um der dunklen Schwester zu begegnen, ach, schwierig, sehr schwierig, wo ist sie, wie höre ich sie denn überhaupt? Vor dem Abstieg in das Reich der Schatten opfern wir das Sprechen. Die Rassel begleitet eine Trancehaltung, wir versuchen, zu horchen. Das ist schwer, sehr schwer. Durch das Tal donnert der Verkehr. Um uns herum die Kalbinnen vom Nachbarn mit dem unsinnigen Glockengebimmel. Der Bach rauscht heute so laut wie nie. Am lautesten brüllt das immerwährende Geschwätz in den Köpfen von unerledigten Verantwortlichkeiten, von Familienversorgungen, wir sind zu ernüchtert für alte Mythen, die Rituale vergessen…wenn nicht diese Sehnsucht wäre, die es trotzalledem gibt in uns nach fremden Welten, nach Urmeeren und fernen Galaxien und einer wohlmeinenden Göttlichkeit, die es nicht im Reisebüro gibt. Und wir ahnen, daß diese Reise, soweit sie auch hinaus ins unendliche Universum führt, eigentlich eine Reise nach innen ist, da hinein reisen wir wirklich.

Der Eingang ist verborgen. So stehen wir da. Nebelfetzen umhüllen uns, ein fahler Sichelmond hängt im Buchengeäst. Wir ergeben uns.

Und, was haben wir erhorcht? Was hat sich gezeigt?

Nichts Konkretes. Aber eine Ahnung davon, daß es noch viel tiefer geht in uns, daß wir noch viel tiefer hinunter müssen und dabei weder was erwarten, noch was wünschen, und schon gar nichts fordern dürfen, dann vielleicht, aber auch nur Vielleicht und nur, wenn sie Lust dazu hat, wird die Dunkle Schwester uns das Wissen der Nacht lehren.

Es wurde irgendwann ziemlich still und plötzlich haben wir gejodelt, den „Alperer“.

Die  Antwort auf eine Frage, die wir gar nicht gestellt hatten.

 

 

Wann, wenn nicht jetzt?

Die Parabel von einem aus göttlichen Hause, der ein aufmüpfiges Menschendasein erleben wollte bis in die letzte schreckliche Konsequenz ist erzählt, ungeklärt bleibt die Sache mit der Auferstehung. Aber letztendlich ist das ganze Leben auch nicht besser erklärt, vor allem die Frage, WANN genau findet es eigentlich statt?

Wir leben zwischen Vorhin und Dann: Im „Jetzt“? O je, o je, dieses „Jetzt“ ist leider sehr zweifelhaft! Denn es existiert ja praktisch gar nicht, denn, wenn wir „Jetzt“ sagen , ist es bereits vergangen und das zukünftige noch nicht da, aber wenn es da ist, ist es wieder Vergangenheit. Es gibt also logischerweise nur die Zukunft und die Vergangenheit.

Wo genau findet dann in dieser nicht existierenden Gegenwart die Auferstehung statt?

Und in welchem ominösen ZwischenRaum leben wir, gibt es uns denn überhaupt?

Da man bei weiterem Nachdenken über diese Dinge eh leicht deppert wird, finde ich es mehr als nur angebracht, sich den „Schlagoberskoch“  zu Gemüte zu führen, den der kongeniale Liedermacher „Der Nino aus Wien“ mit seiner großartigen Band hier präsentiert. Ein junger Poet und Wortspieler, merkwürdig, genial, versponnen, sensibel. Der große Karl Farkas hätte gesagt:

„Meine Damen und Herren, schaun Sie sich das an!“