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„…daß, wanns so kimmt…“

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Seit Wochen war mein alter I-Mac unpässlich, jetzt funktioniert er wieder.

Letzte Nacht ist das Meer wieder zu uns gekommen und graue Nebelzungen lecken die Talwände ab. Allmählich sickert gegen Mittag  eine etwas ausgebleichte  Sonne durch die feuchten Schwaden und gibt den Meeresboden frei.

Das Jahr ist in die Knie gegangen unter den letzten blühenden Rosenbüschen und kriecht jetzt langsam auf Allerheiligen zu.

Beim „Nebelreissen“ bilden erste zarte Melancholientropfen kleine Lachen auf  den vermodernden Blättern.

Ein paar Krähen stelzen ganz gemächlich über die Straße und erledigen ihre Besorgungen.

Rings um mich herum werden die Gärten leer gemacht, es wird  „aufgeräumt“, allerorten.

Die letzten zuckersüssen Äpfel fallen von den Bäumen, wir werden nochmal Most pressen, um den Winter hindurch volle Ballons zu haben und willkommenen Gästen die Gläser damit zu füllen.

Nein, noch keine Bestandsaufnahme, was das Jahr gebracht hat, dafür ist noch Zeit genug, jetzt steht erstmal eine Fahrt an, nach Leipzig und den Domen der Romanischen Straße entlang. In den Osten, und ich freue mich sehr und hoffe auf wunderbare Begegnungen mit heutigen Menschen und Erkundungen auf alten Spuren und geheimnisvollen Wegen.

Und während draussen das Nebelmeer sogar die Nacht verschlingt, packe ich meine Sachen für die Reise zusammen und freue mich auf das Unterwegssein mit  meinen liebsten Freundinnen. Und doch  wird mir ein wenig weh ums Herz und das Wasser steigt mir in die Augen, weil ich dieses Lied immer und immer wieder höre vom Sichverstecken müssen und der großen Angst, sich nicht mehr zu finden…wenn das Wetter (Gewitter) vorbei ist…

Zwischenstand

Die erste Hälfte des Jahres ist um, Mitsommer vorbei, ich befinde mich in der Einflugkurve zu meinem 64. Geburtstag in ein paar Wochen, ich sitze auf der Hausbank und  sehe, daß die Kakteen unzählige Knospen haben. Merkwürdig ist das schon mit diesen Stachelgeschöpfen. Früher habe ich mich wirklich um sie gekümmert, habe sie umgetopft, von Läusen befreit, Erde ausgewechselt, alles getan, damit es ihnen gutgeht und das alles immer mit blutenden Händen, von abgeschossenen Stacheln verletzt. Geblüht haben sie nie.

Seit ich sie in die pralle Südsonne gestellt habe, ihnen hin und wieder ein paar Tropfen Wasser gebe und sie ansonsten nicht beachte, wachsen und gedeihen sie prächtig.

Aus einem wächst eine große, hellgrüne Kugel heraus.

Seit ich einen Hinweis auf die eigene Sterblichkeit bekam, ist mir so klar wie nie zuvor, daß ich mir die Wünsche, die ich habe selber erfüllen muß, von alleine geht da nämlich gar nichts. Und so werde ich mein eigenes diesjähriges Lebensprojekt weiter vorantreiben: Im Land herumreisen, Menschen treffen und Stätten mittelalterlicher Kunst aufsuchen.

Eine aufregende Reise und der Besuch bei einer Bloggerin liegt hinter mir, und ich denke mit einem Lächeln an ein paar vergnügliche Tage im Café Weltenall, herzlichen Dank an dieser Stelle nochmals an Ulli für die liebenswürdige Gastfreundschaft! Wir hatten lange, intensive Gespräche miteinander bei bester kulinarischer Versorgung, und es wird sicher nicht bei diesem Treffen bleiben.

In ein paar Wochen werde ich wieder verreisen und meinen Cousin P. in der Nähe von Speyer besuchen, hab schon etwas weiche Knie vor so langen Autobahnfahrten, und finde mich mutig und sehr cool, daß ich es trotzdem mache…werd schon überall hinfinden, schließlich ist ja auch ein Navi mit an Bord!

Freu mich so sehr auf alle neuen Eindrücke, die mich erwarten, vor allem auf den Dom zu Speyer und all das, was für P. Heimat bedeutet, die er mir endlich, endlich zeigen möchte. Unsere Familie ist ja mit diesen Kriegstragödien so verwoben, wenn der Vater von P. , der Bruder meines Vaters also, nicht im Krieg gefallen wäre, dann hätte er unseren Hof übernommen, meine Mutter wäre nicht aufgetaucht und ich wäre nicht auf der Welt, mein Vater wäre sonst wo gelandet. Merkwürdige Zusammenhänge sind das im Leben.

Ja, eine Kriegsgeschichte, mein Cousin ist mit Mutter und einem neuen sehr lieben Vater in der Nähe von Speyer gelandet und hat dort sein Leben verbracht und endlich, endlich komme ich zu Besuch und werde sehnsüchtig erwartet!

Das ist ein sehr schönes Gefühl, jemandem so willkommen zu sein. Ich frag mich ja, warum ich erst jetzt…egal, bald fahr ich los, das allein zählt.

Später im Jahr wird es eine Reise nach Leipzig geben mit einer kleinen Reisegruppe, ob wir da  sakrale Bauwerke auf der „Romanischen Straße“ besuchen werden oder ob wir nur in Leipzig unterwegs sind, das wird sich zeigen, freue mich sehr, endlich mal in den sogenannten Osten zu reisen und hoffe auf viele interessante Begegnungen.

Ja, fühlt sich gut an, so als ängstliches altes Mädchen mutig loszufahren (so weit das Geld halt reicht) hungrig nach Wissen, Eindrücken, Erlebnissen, Menschen und dann neu zu überprüfen, was „heimkommen“ wirklich heißt, denn wenn man nie weg ist…

Und von den Menschen, werden welche dabei sein, mit denen was bleibt? Wer weiß das schon. Aber einen Versuch ist es doch immer wert, nicht wahr?

Immer.

Die Dunkelheit schleicht sich immer näher an die Hausbank und streicht mir um die Beine.

Die glänzende grüne Kugel am Kaktus verändert sich, um 23.45 Uhr platzt sie auf und vor mir steht die strahlende Königin der Nacht!

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