Der Vollmond scheint, als ich mit meinem Trolley und den anderen Passagieren, mir kommt vor, viel zu vielen für die kleine Maschine, über die Rollbahn gehe. Der Salzburger Flughafen ist klein und nach ein paar Metern sind wir auch schon an der Treppe. Nach dem Verstauen von Taschen und Mänteln und der eigenen Leiblichkeit in den gebuchten Sitzen sollen wir also mit diesem kleinen Blechvogel nach Hamburg fliegen. Alle, auch solche, die weitaus weniger üppig sind als ich, wirken in die engen Sitze hineingequetscht…nur einer nicht, der junge Mann von gegenüber ist so dünn wie ein dürrer Ast und passt mindestens zweimal in den Sitz. Während des Fluges sehe ich oft zu ihm hinüber und denke mir, daß dies wohl der erste richtige Nerd ist, den ich sehe…sehr blass; hochkonzentriert und pausenlos huschen seine Finger über das Tablet, keine Ahnung, was der da tut, aber er tut es pausenlos ohne aufzusehen. Alle hier drinnen husten, schneuzen, niesen, schniefen…und dann heben wir ab…jedes Mal ist es wie ein Wunder und ich lege mein Leben in die Hände des Piloten eines Billigfliegers.
Und dann: Ankunft in Hamburg und die Frage, wie ich mich einer riesengroßen fremden Stadt in zwei Tagen so nähern könnte, daß ich hinterher auf die obligatorische Frage: „Na, und wie war´s in Hamburg?“ – auch was zu sagen hätte.
Der Grund der Reise war ein jährlich im Fasching stattfindendes Spektakel, venezianischer Maskenzauber an der Alster, von dem ich im Vorjahr im Blog Irgendwas ist immer so wundervolle Fotos gesehen hatte, daß ich spontan beschloß, beim nächsten Mal hinzufahren. Im Laufe des Jahres verschob sich der Schwerpunkt und ich wollte hauptsächlich Christiane kennenlernen und bei dieser Gelegenheit dem Karneval zusehen.
Und als ich am Montag in aller Frühe wieder in den Flieger stieg, war ich randvoll mit Erlebnissen, war einer liebenswürdigen Bloggerin begegnet und hatte das Gefühl, vier Wochen unterwegs gewesen zu sein.
Mir war das Allerschönste passiert, was es nur gibt, ich wurde am Flughafen abgeholt, ins Auto gepackt und durfte schon mal eine nächtliche Runde durch die Stadt drehen. Von einer Hamburgerin herumgefahren zu werden und die Stadt sozusagen aus ihrem Blickwinkel zu sehen und dabei Interessantes sowohl über die Stadt als auch über die Reiseleiterin zu „erfahren“…wenn es dann noch viel zu plaudern und noch mehr zu lachen gibt und die Chauffeurin darüber hinaus auch noch eine absolut gelassene Autofahrerin ist, dann werden diese Erkundungen zum reinsten Vergnügen! Ich wäre am liebsten gar nicht mehr ausgestiegen. So eine wunderbare Stadt, weitläufig, großzügig, vom Wind durchgeblasen, der von der See kommt…vom blanken Hans…so hatte ich mir das zurechtgelegt! Ich weiß nicht, wie es dazu kam, aber für mich lag Hamburg am Meer, wenigstens bis vor kurzem…
Unter Zuhilfenahme ihrer Freunde, zwei smarten Hamburger Jungs mit Schalk in den Augen und so einem kleinen spöttischen Lächeln, versuchte Christiane, mir oberbayrischem Landei jenen Sachverhalt zu erklären, daß zwar das Meer 100 km entfernt sei, aber trotzdem Salzwasser in den Hamburger Hafen „gepresst“ würde…achja…und daß die Elbe …was weiß ich… als alle meine offensichtlich geistige Überforderung bezüglich des Vorkommens von Salzwasser mit Ebbe und Flut, unter gleichzeitiger Meerlosigkeit sahen, wurde dem ein gütiges Ende bereitet:
„Weißte was, wenn Du nächstes Mal kommst, dann fahren wir nach Cuxhafen, dann erledigen sich alle Deine Fragen!“ Ja, okay.
Neben der Alster liefen unter kreischendem „Möwengedöns“ wunderschöne Masken herum und als ich, weil ich mir die Chance nicht entgehen lassen konnte, die grandiose Ausstellung von Paula Modersohn-Becker zubesuchen, aus dem Fenster sah, ging dort grad ein Baum auf hohen Stelzen vorbei, der mich plötzlich mit himmelblauen Augen in knorrigem Gesicht ansah…
Alles so bezaubernd, sehr freundliche und redebereite Menschen, unglaublich viele schöne Frauen, diese angenehme hanseatische Sprachmelodie…und nicht zuletzt am Ufer der Alster unzählige wunderschöne Graugänse, die auf einem Bein schliefen, im Hintergrund das Rot der untergehenden Sonne…
Dann, eine letzte Fahrt zum Bestimmungsort dieser Stadt, dem Hafen…jaja, ich weiß, ich habe eine wildromantische Ader, aber wer würde in Angesicht dieses großen Hafens mit seinen Kränen nicht an Freiheit und Abenteuer und „Seemann, Deine Heimat ist das Meer…“ denken , wen würde es da nicht hinausziehen…?
Und dann noch, aufgehoben bis zum Schluß, die Speicherstadt, wo alles gelagert wird, was aus der großen weiten Welt in Schiffsbäuchen kommt, Kaffee, Tee, Gewürze…und als meine wunderbare Stadtführerin mir sagt, daß ich mir da schon was einfallen lassen müsse beim nächsten Besuch…denn die Fahrt durchs Alte Land zum Meersuchen nach Cuxhafen, die Hafenrundfahrt mit der Barkasse und die Speicherstadt mit dem Einkauf von Tee und Gewürzen…also, ob da zwei Tage reichten?
Ja, da werd ich mir was einfallen lassen, liebe Christiane!
Es war ein wundervolles Wochenende und eine sehr gute Begegnung und es hätte nicht schöner enden können als mit dem Satz:
„Es war schön mit Dir, komm bald wieder!“
Ja, ganz sicher! Und herzlichen Dank für dieses warme Willkommen in kalten Wintertagen in einer fremden Stadt, die mir so fremd nicht mehr ist, genau wie die Stadtführerin!
Tschüüüüß dann, bis bald im Sommer!