Eine Zeitlang, bis das Alphabet durch ist, werde ich hier die Rubrik „StadtLandFluß“ betreiben. Ich werde immer mit einem Wort beginnen, das mir zum jeweiligen Buchstaben einfällt und davon ausgehend einfach weiterschreiben, was mir grad so in den Sinn kommt. Ich liebe dieses Spiel schon mein Leben lang, aber mit zunehmendem Alter finden sich immer weniger Leute, die mitmachen, und so spiele ich es jetzt einfach in eigener Variation mit mir selbst.
Abrakadabra
Derzeit schau ich mir oft den Konzertmitschnitt an, mit einem meiner absoluten Lieblingslieder: „Awarakadawara“
Die damalige Besetzung existiert nicht mehr. Resetarits ist als erster gestorben, dann Martina Rittmannsberger und jetzt Walther Soyka. Viele zu Herzen gehende Nachrufe sind geschrieben worden über diesen stillen, feinen Menschen, der sich immer eher im Hintergrund gehalten hat mit seiner Knopferl-Harmonika. Und doch wäre alles ohne ihn ganz was anderes gewesen. Auch ich entdecke ihn erst jetzt so richtig in seiner Musikalität. Das war einer, den man erst auf den zweiten Blick bemerkt. Er hatte diese leisen Töne, wie weiche Hände, in die wir unsere Seele legen dürfen. Alle sagen, was für ein feiner Mensch er war und ich glaube das auch, denn ich sehe, wie er spielte. Wie er die Ziehharmonika gehalten hat, förmlich eins wurde mit ihr und ich sehe seine Finger auf den Knöpfen … und das erinnert mich so sehr an meinen Vater, der spielte ähnlich. Ich sehe die vom Schmiedehandwerk geschwärzten Finger, wenn er keine Zeit zum Waschen hatte, weil er gleich nach der Arbeit in der Werkstatt hinein mußte in die Stube und sofort ein Lied, das er grad komponiert hatte spielen mußte, damit er es nicht vergaß. Auch die schnarrenden Bässe spielte der Walther Soyka, ähnlich wie mein Papa. Und er hätte gesagt, der Soyka, der hat „ein Gemüt“ und das hört man. Ich möchte mir gerne vorstellen, daß sie irgendwo im Himmel zusammensitzen und spielen. So wirds wahrscheinlich nicht sein, aber ich glaube, daß die Musik, die sich aus einem Herzen herausspielt im Universum vorhanden bleibt und in den großen Weltenklang hineinfließt. Ruhe in Frieden, Walther Soyka
Und wie es schon im Lied Awarakadawara so schön heißt, haben wir alle unser „Binkerl“ zum Tragen und manchmal landen wir auch im Straßengraben.
Mein wunderbarer Herr Graugans hat auch sein Binkerl zum Schleppen, zwar nicht am Buckel, sondern am Bauch. Nach einer OP heilt die Wunde einfach nicht zu, Wundheilstörung heißt das, wenn niemand so recht weiß, warum und wieso das so ist. Und vor allem weiß niemand, wie lang das noch dauert. Für eine EinMannFirma eine schwierige Lage und in der Reihe der möglichen Katastrophen, die schon sprungbereit in den Startlöchern warten ist der finazielle Kollaps ziemlich in erster Reihe. Um wenigstens teilweise diesen Schrecken zu verringern, arbeitet Herr Graugans mit Laptop und sehr verständiger Kundschaft vorerst im Spital zumindest stundenweise an nicht nur körperlicher Genesung. Und ich fahre hin und her auf der Bundesstraße, Wäsche holen, Wäsche bringen, Wäsche waschen. Müde bin ich, vom Hoffen und Bangen und Sorgen und vom Ringen um Zuversicht.
So eine Klinik ist ein Ort, an dem alle so sein dürfen, wie sie sind, alle tragen ihre Rucksäcke mit Sorgen, alle wollen einfach nur überleben und jede r möchte sich freuen können und glücklich sein. So nervig das Ganze auch ist, wenn man sich viel in diesem Klinikalltag bewegt, entdeckt man die Welt nochmal von einer ganz anderen Seite, es ist, als würde ein Vorhang aufgezogen, der den Blick freimacht auf eine riesige Bühne, von der man gar nicht ahnte, daß es sie gibt. Und man trifft Menschen, viele viele Menschen, unter anderem auch sich selbst, fernab von dem, was uns die Werbung einredet, wie wir zu sein haben.
Und es stellt sich heraus, wie gut es ist, daß WhatsApp erfunden wurde und wie groß der Stein sein kann, der vom Herzen plumpst, und wie erlösend die Tränen, wenn die Nachricht kommt: „Bin wieder online, es geht mir gut!“
Der Widder hatte es bereits sehr eilig und übernahm schnaubend den Stab von den Fischen. Mit der verträumten Sehnsucht der Fische und ihrem Auftrag, mit allen Menschen zu verschmelzen und ihre Last mitzutragen, mag er nichts zu tun haben und läuft weiter. Wo er mit den Hufen auf die Erde stampft, da wachsen Blumen und Gräser. Mit seinem grell flammenden Schwert erobert er die Welt und zieht den Frühling hinter sich her .
Die Kikerikiblumen (Lerchensporn) bilden große Teppiche und von unzähligen Hummeln sieht man nur noch den kleinen pelzigen Hintern, sie versinken förmlich im süßen Nektar der Blüten.
Abrakadabra wurde im Gnostizismus als Beschwörungsformel verwendet. Die Amulette sind dreieckig, darauf ist ein Schwindeschema, das Wort wird Zeile für Zeile immer kleiner, bis es in der Spitze des Dreiecks nur noch als A existiert. Und so wie das Wort immer mehr reduziert wird, so schwindet auch die Krankheit, angeblich.
Das Wort Abrakadabra ist umstrittener Herkunft, am wahrscheinlichsten scheint ein aramäischer Ursprung zu sein und der führt auf eine äußerst geheimnisvolle Spur:
avrah k’davra: Ich werde erschaffen, während ich spreche