Ein Feenspiel
Holla, die Fee der Zweiten Rauhnacht kommt herbei. Sie hat ein Lied im Gepäck.
Es war einmal oder war es vor zwei Wochen, als die volle Mondin am Himmel stand. Da fand die Fee der Zweiten Rauhnacht am Fuße einer alten Linde mitten in der Großen Stadt einen goldenen Schlüssel.
Sie hob ihn auf und hielt in der Hand. Er fühlte sich warm an. Sie spürte einen warmen goldenen Strom durch ihren Körper fließen. Sie nahm ihn mit und hatte das Gefühl, mit ihm entspann sich ihre Wintergeschichte.
Sie fuhr heim und zeigte den goldenen Schlüssel einer Schleiereule, die seit geraumer Zeit bei ihr wohnte. Die alte Eule lächelte die Fee der Zweiten Rauhnacht an, setzte sich mit ihr ans Feuer und erzählte ihr eine Geschichte.
Einst, als noch Freya, die freie Frau, über das Land zog in ihrem Katzenwagen mit ihren wilden Säuen im Gefolge, hing der goldene Schlüssel an ihrem Gürtel. Zu jener Zeit konnten die Menschen die Feen und Elfen noch sehen. Sie sprachen mit der Natur und die Natur half ihnen und die Menschen halfen sich auch untereinander.
Denn wisse, der goldene Schlüssel öffnet die Herzen für die Natur. Er öffnete das Herz für die Liebe und öffnet Tür und Tor für ein liebevolles Miteinander.
Im Winter in tiefer Nacht liegt der Schlüssel wie ein Same verborgen in der Erde. Werden wir still und lauschen, dann erwacht mit dem neuen Morgen eine Blume in uns und mit ihr öffnen sich alle Tore. Dann trägt Freya die Blüten der Schlüsselblume wieder in ihrer Krone und lässt uns die Schwere des Winters vergessen.
Mit ihrem goldenen Schlüssel öffnet sie die Herzen der Menschen, um sie für das neue Jahr bereit zu machen. Mit ihrem goldenen Schlüssel öffnet sie die Erde und weckt die schlafenden Naturkräfte. Mit ihrem goldenen Schlüssel öffnet sie für uns den Himmel auf Erden.
Als die Fee der Zweiten Rauhnacht den Ruf zum Feenspiel vernahm, schnappte sie sich einen Stoff und färbte ihn im Sud der Schlehen. Die Schlehen werden es schon richten, dachte sie bei sich. Mit ein bisschen Spucke und Lavendel wird es schon werden. Der Duft von Lavendel breitete sich im ganzen Hof aus und wie von Feenhand ganz leicht, webten sich die Bilder zum Feenspiel. In alten Schachteln fanden sich gewebte Bänder, Perlen, Federn und Knöpfe. Sie spann das Traumgarn. Ihre Finger wurden schon etwas wund vom vielen Weben. Nun, ein bisschen Herzblut darf nicht fehlen. Und während sie webte und webte, sang sie ein Lied immer und immer wieder.
Tief in der Nacht
Kommen sie zusammen
13 Feen
Weben Wort-Fäden
Zu Perlen-Ketten
Seht Ihr sie
Im Nebel spielen
Bis der neue Morgen erwacht
Tief in der Nacht werden die Wunder gesponnen und gewebt, wenn 13 Feen ihr Feenspiel spielen.
Diese Bilder webte die Fee der Zweiten Rauhnacht. Sie wird sie in den kommenden Rauhnächten noch zu einem Feenspiel-Buch zusammenfügen.
Sie ist sehr glücklich über dieses Miteinander in den Rauhnächten. Es ist so schön, wenn Schwestern sich treffen, sich die Hände reichen und die Liebe fließen lassen. Wenn wir uns im Kreise zusammen finden, zusammen tanzen und spielen, das Traumgarn spinnen, dann können wahrlich Wunder geschehen.
So fließt der Dank zur ‚Graugans‘, die uns so mutig zum Feenspiel zusammen rief.
Die Fee der Zweiten Rauhnacht erwartet nun voller Freude ihre Schwestern, die in den kommenden Rauhnächten das Traumgarn weiter spinnen, jede auf ihre Weise und doch miteinander.
Sie wünscht allen ein wundervolles neues Jahr.
Gastbeitrag: 2. Fee »Holla«