#44 Ranunculus ficaria und der Kikeriki

Heute um 4.06 Uhr war Frühlings-Tag-und Nachtgleiche. wir gehen auf Ostern zu.

Auf der Bundesstraße liegt schon wieder ein plattgefahrenes graubraunes Fell … ein Feldhase, jetzt ist er nur noch ein kleines Häuflein Elend. Beim Weiterfahren sehe ich in einiger Entfernung auf der Wiese rechts von der Straße fünf lebendige Hasen sitzen. Beim Näherkommen steigen drei davon als Bussarde senkrecht in die Luft, ein weiterer  entpuppt sich als Katze vor einem Mausloch und der fünfte der Gruppe hoppelt schließlich als Hase nach irgendwohin in Richtung Gebüsch.

Um den alten Nußbaum herum wächst in großen Mengen „der Kikeriki“, auch Gefingerter Lerchensporn genannt, wie ein Teppich breitet er sich um den Baum herum aus. Man kann ihn mit etwas Geschick langsam aus der Erde ziehen, er hat eine einzige, lange weiße Wurzel, die uns als Kinder sehr faziniert hat, schaut sie doch aus wie ein langer Wurm. Große Sträuße haben wir damit gebunden.

Unter unserer Kiefer entdecke ich eine Kolonie Veilchen. Mein ganzes Leben lang kamen immer am gleichen Platz im Frühling die Veilchen, man konnte sie schon paar Meter vorher riechen. Dann blieben sie jahrelang aus und ich suchte vergebens nach ihnen, denn ein Frühling ohne sie war mir nicht vorstellbar, aber jetzt sind sie wieder da und im Verströmen ihres Duftes senkt sich ein tiefer Frieden in mein Herz.

Ich liebe den Fernseher und wenn genug Geld da wäre, dann hätten wir längst den  mit dem größten Bildschirm, den es gibt! So viele Spielfilme,  Dokumentationen, Reportagen  und interessante Gespräche hätte ich ohne Fernseher niemals gesehen.  Und ich stimme Werner Herzog zu, der sagt: „Ich sehe ab und zu Trash-TV… ich will wissen, in welcher Welt der Sehnsüchte ich lebe.“ Ja, so geht es mir auch.

Natürlich ist ein Fernseher kein Ersatz für das Kino und manche Filme leiden unter dem kleinen Format, in das sie gezwängt werden, aber so viele Filme, die mich interessieren, hätte ich nie gesehen, weil sie in den erreichbaren Kinos nicht gezeigt werden. Auch DVDs sind keineswegs ein Ersatz, aber: in der Not frißt der Teufel Fliegen, nicht wahr!

Nächste Woche kommt auf ARD eine Serie über Kafka, Regie führt David Schalko und der Kameramann ist der großartige Martin Gschlacht und die Besetzung aller Rollen ist so grandios, das kann nur gut werden, ich freue mich sehr darauf! Filme, in denen Martin Gschlacht die Kamera führt, will ich alle sehen, weil es immer besondere Filme sind. Erst kürzlich hat er den silbernen Bären auf der Berlinale bekommen. Ob ich mir den Film „Des Teufels Bad“ anschauen werde ist noch nicht sicher. Allein die Ausschnitte, die ich bisher gesehen habe, sind mir so unter die Haut gegangen und lösen Reaktionen in meinem Innenleben aus, die ich kaum ertrage. Es geht um Frauen, um das Weinen der Frauen, um die Qual von Frauen, was ihnen angetan wird und was sie sich gegenseitig und selber antun und das ist nicht einfach so eine Geschichte von früher, einer anderen Zeit, die man sieht und froh ist, daß es heute anders ist. Das Schlimme daran ist, daß es um die Wahrheit und die Wirklichkeit  eines  Lebens als Frau geht und das es uns jetzt betrifft … wenn wir es wagen, uns zu er – innern.

Es gibt im bairischen Deutsch einen alten Ausdruck, fast vergessen ist er schon:  das „Innerwerden“.  Wie immer kann man das nicht gut übersetzen, es bedeutet ungefähr sowas wie : man erfährt was Neues, aber es ist wichtig und intensiv gemeint.

Wenn ich also sage, daß ich in diesem Film was innerwerde, daß wir was innerwerden, was deshalb so schmerzt, weil es an etwas rührt, was wir als eine Art Kollektivschmerz schon in uns tragen … dann weiß ich nicht, ob ich diesen Film aushalte. Der Kameramann sagte, er hat weinen müssen.

Ein unglaublich schöner Tag ist heute und ich lege die geliebte alte Platte von Reinhard Mey auf und spiele das Frühlingslied

„…die Mädchen tragen ihre Mäntel offen
und Männer wagen einen schnellen Blick.
In allen Augen blüht ein neues Hoffen,
auf Liebe und ein kleines Stückchen Glück…“

 

Heute auf der Streuwiese:
Das Scharbockskraut

 

und da blühts bei der  Kraulquappe

Ein Gedanke zu „#44 Ranunculus ficaria und der Kikeriki

  1. Ich habe schon drei Folgen der Kafka-Serie angeschaut und bin sehr angetan von der Art der Inszenierung. Ja, da wünschte ich mir auch einen größeren Bildschirm!

    Liebe Grüße, Ulli

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