Eine recht kleine & zarte und doch kräftige & zähe Fee bin ich, dem tiefsten Bayern entsprang ich, man nennt mich Philippa, meine Passion ist das Sausen, Singen und Spielen mit meinesgleichen und mir verwandten Seelen.
Weit gewandert bin ich zu unserem Höhlentreffen im Garten der Perchta, um dem Ruf der Graugans zu folgen und um Euch in klirrendkalter Nacht mit meinem Feenstab beherzt und schwungvoll eine Acht in den weichen, unberührten Schnee zu malen, den der Untersberg in seinem Schoße birgt.
Es ist die Acht, die nicht nur Teil dieses Tages, sondern heut ganz und gar die meine ist und zugleich mein Geschenk an die kommende Nacht und Euch in sich trägt.
Denn in jener Acht, so wie sie sanft hier vor uns liegt im Mondenschein, wohnt der Zauber der Unendlichkeit, keinen Anfang hat sie und auch kein Ende, sie strebt nicht nach links, rechts, oben, unten, selbstgenügsam ist sie, und ihre Mitte hat sie immer schon gefunden, ohne sie je zu suchen.
Doch seht nur, wie sie sich emporhebt aus ihrem Schneebette, wenn ich sie antippe mit meinem Feenstab, wie sie sich voller Anmut aufrichtet und zum funkelnden Nachthimmel reckt und an ihrer runden Gestalt uns gewahr werden lässt, dass das Diesseits und das Jenseits verbunden sind, dass es keine Grenze gibt zwischen den Welten, stattdessen mittendrin, in ihrer schlanken Taille, eine durchlässige Stelle, einen kleinen Durchschlupf…
So lade ich Euch ein zu meinem Feste, Ihr Feen:
Kommt mit mir heut Nacht, lasst uns durch dieses schmale Öhr hinausschlüpfen aus unseren düsteren Höhlen, lasst uns ausschwärmen in die verheißungsvollen Wälder, lasst uns lautlos durchs Tannicht streifen und furchtlos durchs Unterholz schnüren!
Lasst uns ein Rudel wilder und weiser Wölfinnen sein, unendlich ist die Nacht und unser Revier, und ich werde Euch leiten mit meiner feinen Nase!
Lasst uns gemeinsam Fährten aufspüren und ihnen nachgehen, lasst uns durch die Weiten dieser Winternacht jagen, lasst uns tanzen im Takt des Flügelschlags der Waldkäuze, jede von uns ganz für sich und zugleich wir alle gemeinsam, unter jeder Zirbe und jeder Latsche sollen die Pfotenspuren unserer Pirsch und die Trittsiegel unserer Tänze im Schnee zu finden sein!
Zur Geisterstunde wollen wir uns versammeln, im dunklen Herzen des dichten Bergwaldes liegt eine Lichtung, Ihr werdet sie finden, denn sie leuchtet Euch hell, inmitten all der Finsternis erstrahlt sie in unschuldigem Weiß, und sie bietet ausreichend Platz, in ihrem verschneiten Rund die Fünfte der Rauhnächte zu feiern, die Nacht des unschuldigen Kindes, jene Nacht, die mich einst gebar.
An jenem Orte werden wir uns treffen, Seit an Seit werden wir stehen und zusammen den Mond anheulen, so wie die Wölfe es schon immer taten.
Ein wildes, wölfisches Weiberheulen wird es sein, ein durch Mark und Bein gehendes Jaulen, ein göttlicher Gesang voller Kraft, voller Schmerz, voller Freude, voller Verzweiflung, voller Sehnsucht, voller Liebe und voller Hoffnung und Vertrauen auf die Wunder, die da kommen mögen: Bald, hoffentlich, endlich!
I'm runnin' through the forest With the wolf at my heels My king is lost at midnight When the tower bells peal We've got no fairytale ending In God's hands our fate is complete Your heaven's here in my heart Our love's this dust beneath my feet Just this dust beneath my feet If I'm gonna live I'll lift my life Darlin' to you I'm countin' on a miracle I'm countin' on a miracle I'm countin' on miracle To come through (Bruce Springsteen: Countin’ on a Miracle)
Gastbeitrag: 5. Fee »Die Wölfin«