Archiv für den Tag: 9. Dezember 2015

T.9 der Mutmaßungen über Engel

Graugans Projekt 2015_12

Photographie und Text – aus dem weiten Land einer alten Seele

Herr Ärmel: immer horsche immer gugge …

Engel sah der Dichter Rainer Maria Rilke als Pollen der blühenden Gottheit und Gelenke des Lichtes.
Silbenwortreich hinterlassen Poeten Engel in ihren Letternspuren.

Die schlichteren Gemüter erdenken sich stets aufs neue Bilder von Engeln.
Seit Jahrhunderten verewigen Maler Engel mit Pinsel und Farbe, Spachtel und Lack.

Engel, so weiss schon bald jedes heranwachsende Kind, seien unsichtbar.
Und dennoch formen Bildhauer aus Erde, Holz, Metall und Stein Skulpturen von Engeln.

Scheinbar ausweglos bedrängt von ihren Mühsalen rufen Menschen in die Stille unendlicher Räume Engel an um Hilfe.
So viele Komponisten, in deren Werken Engel als Wort oder Ton hörbar werden.

Bleischwere Phantasielosigkeit erschuf Jahresendflügelpuppen.
Kein Mensch, so will es deshalb scheinen, kann Engel gänzlich verneinen.

Die erlösende Handlung in einer gefährlichen Situation ist das, was wir unbedarften Menschen Geistesgegenwart nennen.

Die wortlose Zwiesprache mit dem Engel.

Ein jeder Mensch, so scheint es, lebt in der Gegenwart von Engeln.

Engel, so nenne ich sie für mich, fliegen uns Heutigen an in der Gestalt von Menschen. Sei es ein entscheidender lebenswegweisender Hinweis oder die selbstlos spontane, rettende Tat – ob wir die Handreichung ergreifen und wie wir damit umgehen liegt allein in unserer Freiheit.

Engel fordern nichts.

Erkannt habe ich solche persönlichen Begegnungen in meinem Leben immer erst im Nachhinein. Ich freue mich darüber, dass die Zeitspannen jedoch immer kürzer geworden sind in meinem Lebenslauf.
Diesen Menschen bin ich zeitlebens verbunden im dankbaren Erinnern.

So wie jetzt, beim Schreiben dieses Textes.

Namen und Taten tun nichts zur Sache.
Engel sind unseren Augen und Ohren unfassbar.
Ich trage sie im Herzen meiner Erinnerung.