Zwei Stühle.

Ich fahre vom Einkaufen nachhause. Auf beiden Seiten der Bundesstraße Häuser, Eigenheime mit Vorgärten, viele Blumen, Sträucher, Rabatten, gepflegte Hecken.  Überall geschäftig herumwuselnde Menschen, die sich redlich bemühen, der Vision »Landlust« soviel Daseinsberechtigung wie möglich,  im eigenen Leben und Vorgarten abzutrotzen. Der gepflegte Wildwuchs erfordert viel Arbeit und deshalb wird an einem Tag wie heute um 17.30 Uhr geschnitten, gerupft, ausgezupft, abgeschaufelt, umgegraben, zugedeckt, ausgedünnt, neugepflanzt, in Form geschnitten, ausgestochen, gegossen, gedüngt, entschneckt, entlaust, gespritzt, und sollte das alles schon getan worden sein, so wird der Rasenmäher geölt oder die Heckenschere repariert, das Auto poliert oder zumindest der Grill angeheizt.

Mitten drin in der beidseitigen Siedlungsbetriebsamkeit eines Sommerabends ein Garten ohne Blumen, ohne irgendwas. Eine große leere Grasfläche, darauf zwei Stühle.

Zwei Männer sitzen da. Sonst nichts. Sie sitzen nur so da, einander zugewandt, tun nichts weiter, vielleicht reden sie, vielleicht nicht.

Sie sitzen einfach nur so da.

Fast möchte ich ihnen danken für den Anblick eines leeren Gartens, für dieses ruhige wohltuende Nichts mit zwei Stühlen.

 

9 Gedanken zu „Zwei Stühle.

    1. Ja, gell, im Süden wäre das nichts Besonderes, da sitzen die Leut öfters auf Stühlen vor´m Haus, aber im emsigen Hierzulande da fällt es auf! Liebe Grüsse

  1. gepflegter Wildwuchs macht wahrlich viel Arbeit, wenn man es denn doch sehr ernst nimmt, wir nennen das hier „halbformal“, aber wir haben keine Maschinen, versprühen kein Gift und überhaupt sind wir, ausser im frühen und späten Jahr, eher weniger in den Beeten zu sehen, ausser für die Ernte von diesem und jenem Kraut, dieser und jener Beere …
    mal nichts zu tun, ist eine der schwieirgsten èbungen, wie mir scheint und so fand auch ich den Anblick zweier Herren in einemblumenlosen Garten mehr als erholsam 😉

    herzlichst
    Ulli

    1. ja, manchmal ist es gut, aus der Aktion auszusteigen, um das „einfach nur dasein“ zu üben, nicht zu glauben, wie schwer das Loslassen sein kann! Liebe Grüsse

    1. Liebe Ulli, freue mich sehr über Deine Anwesenheit, danke für den Folge-Hinweis, ist in Arbeit!

  2. ich lese gerne deine gedanken und aufzeichnungen,kann vieles nachvollziehen,einiges nicht und finde die fotos sehr treffend und eindrucksvoll.du solltest deine gedichte veröffentlichen!

  3. Es ist so eine Erleichterung von diesen beiden Menschen zu lesen.
    Geruhsamkeit und Aufmerksamkeit schließen einander nicht aus.

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