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24 T. – Erkundungen der fernen Nähe … Tag 8

Mt einem dicken Packen geschriebener alter Ansichtskarten fahre ich zum Bahnhof in der Kreisstadt, um sie dort in den Autobriefkasten zu werfen. Auf halber Wegstrecke stand auf einer kleinen Wiese hinter einem Bauernhof  an der Bundesstraße seit Jahren ein Schimmel und graste. Oft stand er einfach so da und immer war er alleine. Bis vor wenigen Jahren hatte er einen Esel als Gefährten, aber der ist lange schon verschwunden. Er sah gut genährt und gepflegt aus, aber er war immer alleine. Seit letzter Woche ist der Zaun weg und der alte Schimmel auch. Die Leute sagten: ach, dem gehts gut, der ist hier eingestellt, weil der Besitzer keinen Platz hat. Ich habe seine Einsamkeit gespürt … gibt es die Einsamkeit der Pferde? Ein einzelner Esel wird krank vor Einsamkeit und stirbt. Der Schimmel hat viele Jahre duchgehalten, jetzt ist er weg und so leer ist die Wiese ohne ihn.

Weiter südwestwärts am äußeren Rand der 10km Luftlinie steht auf einem bewaldeten Hügel eine kleine uralte Kirche, gebaut auf romanischen Mauern und dem Hl.Georg geweiht. Lange vor dem Bau der Kirche soll dort, laut einer mündlich überlieferten Sage, in einem heiligen Hain ein einzelner Schimmel gestanden haben. Er konnte sprechen und die Menschen sind hinaufgegangen, um sich von ihm Wahr sagen zu lassen. Um hinaufzukommen, musste man sehr gefährliche Niederungen durchqueren … die Schinderhölle und dann noch die Höllgasse … alle möglichen Unholde trieben dort ihr Wesen. Dort oben ist nicht nur die Aussicht über den Chiemsee bemerkenswert. Lange kann ich mich dort  nie aufhalten, eine verwirrende Unruhe , die ich nicht beschreiben kann,  gibt mir Rätsel auf und ich gehe meist mit viel mehr Fragen als Antworten wieder den Berg hinunter.

Ein Brief von Rilke fällt mir ein, an den mich eine liebe Freundin erinnert hat: „… leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein …“

Daheim lege ich die Musik auf, die meine Füsse fast von alleine tanzen läßt, meinen Lieblingstanz, den Cocek. Ein uralter Tanz, man sagt, Romafrauen hätten ihn bewahrt und durch die Jahrhunderte weitergetragen. Es gibt unendlich viele Variationen, ich tanze einen sehr einfachen Schritt. Liebend gerne möchte ich ihn mal wieder im Kreis tanzen können, zusammen, gemeinsam mit Menschen, die den Mut haben, sich an den Händen zu halten. Eines Tages wird das wieder möglich sein, ich glaube fest daran und wir treffen uns irgendwo und die Musik beginnt und wir gehen los … nach rechts, nach links und zur Mitte … und jetzt spielt eins meiner Lieblingslieder und ich werde solang tanzen, bis ich über das ganze Gesicht lache vor Lebensfreude … und ich tanze alleine mit allem, was so ist, die Fragen, die Angst, die Liebe und die Sehnsucht und die Dankbarkeit für Freundschaften, die mich durchs Leben begleiten… und ich tanze mit dem wilden Volk der Viren und der wilden Jagd der Percht…

Und ich kann die Sprache des Liedes nicht verstehen, aber ich bin sicher, daß es da um nichts anderes geht. Der Titel des Liedes und der  Name der Band ist :

Parno Graszt und das heißt: Weißes Pferd!

Kommt schnell, reicht mir Eure Hände …hopphopp laßt uns tanzen, damit wir nicht verlorengehen!!!