T.18 der Mutmaßungen über die L.i.e.b.e.

„Mutmaßungen über die Liebe“ … viel habe ich über diesen Begriff nachgedacht … und die Graugans selbst war es, die mich mit der Nase darauf hingewiesen hat, dass meine Liebe zur Musik wohl schon ganz besonders ausgeprägt sei.
Da ist was dran und so vertiefte ich mich gedanklich und emotional in dieses Thema, machte mich auf eine kleine Spursuche durch meine Biographie und spürte der Frage nach, wie es eigentlich dazu kam, dass sich bei mir die Liebe zur Musik so stark geprägt hat.
Und natürlich, der alte Freudianer in mir suchte nach Spuren in der Kindheit … und siehe da: er fand auch welche.
Da war zum einen mein durch und durch musikalisches Elternhaus, allerdings war diese Musikalität im bildungsbürgerlichem Elfenbeinturm beheimatet … und dieser Elfenbeinturm war eng, sehr eng und auch noch katholisch … und dann trat mein 5 Jahre älterer Bruder auf den Plan … denn er entdeckte Anfang der 60er Jahre die deutsche Schlagerszene und etwas später dann die Beatmusik aus London & Liverpool … Da war das Geschrei groß … und ich schlich mich immer heimlich in das Zimmer meines Bruders um zu lauschen. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer worum es in Songs wie „I Can´t Get No Satisfaction“ oder „Get Off Of My Cloud“ ging … aber ich spürte es intuitiv … das war sowas von verdammt wichtig … das war es!

Die vom Elternhaus verordnete klassische Musik erschien mir dagegen nur noch fad zu sein (erst viel später konnte ich sie dann wieder neu für mich entdecken).
Und dann gab es dann noch was, was mindestens so prägend war … das elterliche Singverbot an Weihnachten, denn womöglich sang ich ziemlich falsch. So stand ich dann stumm im weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer und lauschte still, wie der Rest der Familie all die (für mich damals) herrlichen Weihnachtslieder sangen. Zu gerne hätte ich mitgeschmettert, gesungen … aber das war mir dann aufgrund des elterlichen Verbotes nicht mehr möglich.
Aber dann beschloss ich wohl irgendwann, irgendwie … allen zu zeigen, was ne Harke ist und ich begann, die Pubertät stand vor der Haustür, Gitarre zu üben, bis mir die Finger bluteten …und ich biss mich durch … gründete eine erste eigene Band und der Ritterschlag erfolgte, als mein Bruder mal beim sonntäglichen Kaffeeumtrunk verkündete, er habe uns ja gestern live gesehen und der einzige, der was getaugt hätte, sei sein kleiner Bruder gewesen …
Auf einen Schlag wurde ich um 10 cm größer … und wenn man weiss, dass mein Bruder das absolute Gehör hatte und ein wirklich mehr als talentierter Musiker war, dann ahnt man, wie sehr mich dieses Lob erfreut hat.
Und so kam es, dass ich dann Bassist in seiner Band wurde … über all diese dann folgenden Jahre (inklusive Studioaufnahmen und einem Liveaufritt, wo diverse Musiker von Embryo im Publikum standen) könnte ich heute noch schwärmen.
Nun, das sind wohl die Wurzeln meiner Liebe zur Musik.

Ein wenig später wurde mir dann noch was ganz anderes bewußt:
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ (Friedrich Nietzsche, ja, genau der, mit der Peitsche) …
Mein Leben ist ohne Musik nicht vorstellbar und im Laufe der Jahre wurde mir immer mehr bewusst, wie sehr Musik mich in meinem Innersten trifft, denn für mich gab und gibt es eigentlich keine andere Kunstform, die es derart schafft mich emotional zu packen, einfach, weil Musik so oft in meinem Leben, zum Ausdruck meiner eigenen Gefühlswelt wurde.
Eigentlich unpassend, aber dennoch: Musik war und ist für mich wie eine Art Geschmacks(Gefühls)verstärker … gleichgültig, welche Emotionen mich umgetrieben haben … in der Musik fand ich dann eine emotionale Vertiefung meines selbst, in die ich dann so ganz eintauchen konnte … Emotionen auskosten … oftmals auch sehr schmerzlich, oftmals aber auch überschäumend, oftmals auch sehr gierig … aber auch protestierend-aufbegehrend … Und der kleine Archivar in mir (da hat mein Vater mit seinen Prägungen ganze Arbeit geleistet !) begann dann, ein Archiv für (Rock) Musik aufzubauen … und so einiges davon gebe ich seit geraumer Zeit auch wieder in die Gemeinschaft der Interessierten zurück …

Musik: Ein Vehikel, ein Begleiter, eine Liebhaberin meiner turbulenten Gefühlwelten … und das schon seit vielen Jahrzehnten.

Und wenn ich mal zu Grabe getragen werde, wäre es mir am liebsten, wenn die werte Trauergemeinde anschließend einen fidelen Abend mit meiner Musik verbringen würde.“

Graugans wünschte sich drei Beispiele für „Lebens – Lieblingsmusik“ von mir!
Gar nicht so einfach, aber dennoch:

Percy Sledge: „When A Man Loves A Woman“
Viel komprimierter geht es nicht, wenn man musikalisch jenen romantischen Aspekt der Liebe ausdrücken will … hier eine feine Live-Version aus den 60er Jahren

 

Mountain: Nantucket Sleighride
Einfach, weil ich das Gespann Leslie West/Felix Pappalardi für eines der genialsten Duos der Rockgeschichte halte, und die Story, die hinter diesem Lied steckt, einfach nur unglaublich ist … Ich erspare Euch die 32 Minuten Live-Fassung !

 

Whitesnake: „Here I Go Again“
Dieses Lied, war lange, lange Zeit Ausdruck meiner Lehr- und Wanderjahre durch das Leben … Und der Text (auch wenn er für mich nicht mehr aktuell ist) … bringt es auf den Punkt:

Tho‘ I keep searching for an answer,
I never seem to find what I’m looking for
Oh Lord, I pray
You give me strength to carry on,
‚Cos I know what it means
To walk along the lonely street of dreams
And here I go again on my own
Goin‘ down the only road I’ve ever known,
Like a hobo I was born to walk alone

Vielen Dank an den liebenswürdigen Riffmaster, seines Zeichens Archivar von bunten Musikalitäten und Glückshändler

3 Gedanken zu „T.18 der Mutmaßungen über die L.i.e.b.e.

  1. Sooo schöne Musik, Wahnsinn, mag ich total gern und wie Du schreibst, lieber Sammelsuriumsarchivar und himmlischer Glückshändler, das mag ich auch, sehr gern sogar!
    So ein wundervoller Herzenstext über die große Zauberin Musik, die uns Flügel verleiht und wachrüttelt und wärmt und tröstet und uns trägt…so oft trägt…über viele Steine , die im Weg liegen oder über Abgründe hinweg und uns immer immer wieder starkmacht fürs Leben!
    Hab vielen Dank lieber wunderbarer Riffmeister, nicht nur für diesen Text sondern für Deine ganze Arbeit und daß Dein magischer Laden immer offen ist und ich dort irgendwie daheim sein darf! Ich grüße Dich herzlichst

  2. Lieber Herr Riffmaster, ich danke Ihnen für diesen sehr persönlichen Beitrag und Ihre liebevolle Beziehung zur Musik.
    Und Ihnen, liebe Frau Graugans, für das Podium zu dieser famosne Darbietung.
    Abendgruss aus dem schallklingendenden Bembelland,
    Herr Ärmel

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