„O Königin, zu dienen Dir …“

Was für eine wunderbare Idee von Christiane, Balladen zusammenzutragen! Hier gleich eine meiner liebsten:

Thomas der Reimer
(Altschottische Ballade)

Der Reimer Thomas lag am Bach,
Am Kieselbach bei Huntly-Schloß,
Da sah er eine blonde Frau,
Die saß auf einem weißen Ross.

Sie saß auf einem weißen Ross,
Die Mähne war geflochten fein,
Und hell an jeder Flechte hing
Ein silberblankes Glöckelein.

Und Tom der Reimer zog den Hut
Und fiel ins Knie; – er grüßt und spricht:
„Du bist die Himmelskönigin
Und bist von dieser Erde nicht.“

Die blonde Frau, sie hält ihr Ross:
„Ich will dir sagen, wer ich bin,
Ich bin die Himmelsjungfrau nicht,
Ich bin die Elfenkönigin.

Nimm deine Harf und spiel und sing
Und lass dein bestes Lied erschalln,
Doch wenn du meine Lippen küsst,
Bist sieben Jahr du mir verfalln.“

Und Thomas drauf: „O Königin,
Zu dienen dir, es schreckt mich kaum.“
Er küsste sie, sie küsste ihn,
Ein Vogel sang im Eschenbaum.

„Nun bist du mein, nun zieh mit mir,
Nun bist du mein auf sieben Jahr.“
Sie ritten durch den grünen Wald,
Wie glücklich Tom der Reimer war.

Sie ritten durch den grünen Wald,
Bei Vogelsang, bei Sonnenschein,
Und wenn sie leis am Zügel zog,
So klangen all die Glöckelein.

Theodor Fontane

 

16 Gedanken zu „„O Königin, zu dienen Dir …“

  1. Quasthoff ist nicht mein Ding, aber ich mag diese Balladen sehr … und ich bin dann gleich mal wieder über die „Child Ballads“ gestolpert, als ich „Thomas Rhymer“ verfolgt habe. Wie schön, wie fremd, wie besonders, wie … keltisch.
    Frage mich gerade, was über Fontanes Verhältnis zu Schottland bekannt ist (ich weiß, dass er dorthin gereist war). Ha. Wieder was zum Graben, vielen Dank dafür!
    Liebe Grüße
    Christiane
    (Dein Link zu mir oben ist irgendwie verunglückt.)

    1. Link geht wieder! Ja, da gibts viel zum Graben…Child Ballads, da gehts gleich bei mir weiter…
      Naja, Fontane hat die Geschichte schon ziemlich abgewandelt in der Ballade, ursprünglich hatte sie mal rote Haare, die Feenkönigin, und das wird nicht das einzig Abweichende sein…aber egal, mir gefällt, was er da zusammengedichtet hat! Und Fontanes Verhältnis zu Schottland…da könnte Bludgeon mehr dazu wissen!
      Liebe Grüße

      1. Leider Fehlanzeige. Mangels Fontane-Fantum fehlen mir da die Bezüge. Als Balladendichter mag ich ihn, als Romancier hat ihn mir die Schule via Effi Briest jedoch gründlich verleidet. Auch wenn sich das dann Ü 40 wieder etwas relativieren ließ, dank kennenlernen der „Jenny Treibel“. Es gibt halt Spielhagen, Heyse, Dahn und Storm… da brauchts keinen Fontane dringend.

        1. Danke danke…auch Du kannst ja nicht immer alles wissen, gell!

          Jenny Treibel, danke für den Tipp, muß ich unbedingt mal wieder lesen, habs total vergessen.

          Liebe Grüsse

  2. Thomas Quasthoff ist ein interessanter und sehr vielschichtiger Mann. Toll, wie er den Fontane interpretiert. Akademisch, aber irgendwie toll.

    1. Ja, lieber Mick, die Bezeichnung „akademisch“ triffts gut, finde ich auch…aber er hat darüber hinaus was ganz Besonderes…würde das Lied gerne hören, wie er es heute singt, leider hat er ja seine Karriere so ziemlich beendet.
      Gruß an Dich!

    1. Was glaubst, wie bitterkalt es bei uns ist! Bin auch grippal geworden, is ja kein Wunder…aber wenigstens scheint die Sonne manchmal!
      Liebe Grüße

  3. Tolle Ballade, hoch interessante Gegenüberstellung der beiden Interpretationen! Ich bevorzuge den fetzigen „Thomas The Rhymer“.

    1. Liebe Maren, das ist ja schön, daß ich Dein Interesse wecken konnte, die Zusammenstellung war ja schon etwas gewagt!
      Liebe Grüße

  4. Die Ballade von Loewe weckt alte Erinnerungen, viel besser gefiel mir steeleye span, kenne sie ja auch noch von „damals“. Jedenfalls ist es bemerkenswert, wie doch in Schottland, England , auch Irland sich der alte Naturglaube erhalten hat. Bei uns alles recht christlich überlagert. Lasst die Feen auch mal wieder auferstehen!
    Danke für die schönen Lieder!

    1. Ja, liebe Margit, das mit den Feen müssen wir selber machen, sonst passiert nix…ich kann ja mal wieder versuchen, 13 Frauen zusammenzutrommeln…

  5. Ach, liebe Graugans … da hast Du ja was ganz feines ausgebraben. Dass sich Theodor Fontana von einem schottischem Gedicht hat inspirieren lassen, war mir wieder mal nicht bekannt …

    Mir gefällt freilich die Fassung von Steeleye Span freilich weitaus besser, als der Thomas Quasthoff … aber mit dem deutschen Kunstlied hab´ ich eh so meine Schwierigkeiten.

    Und was die Königin betrifft … ein mehr als reizender Gedanke *zwinker*

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