„Nachruf auf die Leere“ (Yamen Hussein)

Ich höre den Schlafenden träumen:
Teile dein Brot mit dem Fremden,
das Herz mit der Liebsten,
den Wein mit Vertrauten,
die Sitzbank mit Wolf und Derwisch.
Wirf keinen Stein ins Becken,
du verschreckst durstige Schafe.
Scheuche keine Vögel vom Weizenfeld.
Schließe die Tür nicht hinter dir,
lass deinen Schatten folgen.
Kaufe nur so viel du verdauen kannst.
Säe am Fenster,
was du nicht verkaufst, nicht einmal pflückst.
Betrachte dein graues Haar,
es zeigt, wie sehr die Eltern gealtert sind.
Begehe die Erde behutsam,
sie spiegelt deinen Körper.
Unterwirf dich nicht –
weder Gott, den Eltern noch einer Idee.
Glauben bedeutet zu lieben, nicht unterworfen zu
sein
und nicht zu unterwerfen.

Aus dem Buch: „Nachruf auf die Leere“
von Yamen Hussein

aus dem Arabischen von Leila Chammaa und
Jessica Siepelmeyer

Vielen Dank an Dincer Gücyeter, der mir erlaubte, dieses Gedicht von Yamen Hussein, das mich bis in den hintersten Herzwinkel getroffen hat, hier zu veröffentlichen! Yamen, der Dichter aus Homs/Syrien, hat 2014 sein Land verlassen.

mehr im www.elifverlag.de 

Foto: Michael Helminger

2 Gedanken zu „„Nachruf auf die Leere“ (Yamen Hussein)

  1. ja, das ist ein feines buch, las/lese auch immer wieder darin.
    lieben gruß: pega

    (yamen hussein, nachdem er syrien verlassen hatte, eine zeitlang in münchen. da habe i ihn kennengelernt …)

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