Ich sitze im Zug, rings herum die Stützen der Gesellschaft mit ihren Laptops auf den Knien, die Stirnen angestrengt zerfurcht, die Finger klackern Wichtigkeiten in die Tastaturen, in den Ohren Stöpsel zum Empfangen geheimer Notwendigkeiten. Eine Horde kichernder Schulmädchen, zusammengerottet auf wenigen Sitzen scheint damit beschäftigt, sich über Neuigkeiten von Smartphone § Co auszutauschen.
Mein Gegenüber und ich halten unsere Bücher in den Händen und verschwinden in den Geschichten, abwechselnd klappen wir die Buchdeckel zu und schauen kurz aus dem Fenster, manchmal treffen sich zufällig unsere Blicke…was für helle Augen…manchmal dösen wir, für einen Augenblick, oder so. Irgendwann hält der Zug, mein Gegenüber schreckt auf, verstaut das Buch, packt schnell alles zusammen, zieht im Gehen den Mantel an, dreht sich nochmal um…welch helle Augen…und ruft mir was zu, ich verstehe nur: “ – veilchenblau, nicht wahr?“ Wie bitte? „Veichenblau!“ – und ist verschwunden.
Schade, daß ich nicht verstanden habe, was denn mit veilchenblau gemeint war, der Zug fährt schon wieder los, an den dahineilenden Menschen vorbei, ich schaue hinaus und habe so ein Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben…da sehe ich diese hellen Augen, so helle Augen..und alles verfliegt so schnell, ich sehe nur noch eine Hand, die nach oben deutet und schon ist alles vorbei.
Schade.
Ich setze mich wieder und döse vor mich hin, die Hand deutete nach oben, warum?
Und endlich sehe ich hinauf: Der Himmel war gemeint! Der Himmel ist heute veilchenblau…ja, so sehr veilchenblau
Die „Stützen der Gesellschaft“, wie sie hier so schön bezeichnet werden, sehen nur eine gewisse Welt, die wahre mitsamt der Natur ist für sie unnütz geworden.
Vereinzelte richtig lebendige Menschen leben also doch noch so herum, wie schön!
eine wunderbare Geschichte! Veilchenblaue Augen … veilchenblauer Himmel … ich lache und grüsse dich herzlich
Ulli
Herrlich! Erinnungen an Zugfahrten in meiner Jugend werden wach, als ich regelmäßig Bekanntschaften in Zügen machte. Damals gab es noch Abteile und Menschen nahmen Kontakt miteinander auf. In veilchenblaue Augen habe ich da auch einmal geschaut – bis Kempten …
Liebe Grüsse – Uta
Prallele Gesellschaft, jeder ein Kosmos und der Himmel über allem. Und manchmal..
beruhigend, dass der himmel noch wahrgenommen wird, trotz all den virtuellen gedruckten und elektronischen medien.
Ich danke Euch allen für Eure freundlichen Worte des Wahrnehmens!
Die Position bestimmt den Blick auf die Welt.
Und die Position verändert sich allein durch einen Blick aus freundlichen Augen.
das ist eine geschichte wie ein schöner schnappschuss vom zufall. davon, was einem eben manchmal zu fällt 😉