Hineni.

Alles vergangen, Ostern schnell schnell durchgehechelt, Osterhasen, Schokoladeneier, unzählige vorgefertigte Osterwünsche gelöscht, die zu Dutzenden leer und ohne den geringsten persönlichen Bezug alle digitalen Kanäle überfluten und verstopfen … früher haben wir uns kitschige Osterpostkarten geschickt  und damals hab ich mich über alles gefreut, was im Briefkasten lag und mit Füllertinte auf Karten stand, bei denen dann der Platz nie reichte, weil wir uns so viel zu sagen hatten. Manchmal wurden dann mehrere Karten beschrieben und in einen Umschlag gesteckt. Jetzt wird die ganze Wünscherei hauptsächlich digital erledigt … was bleibt von Ostern, dem ja die Karwoche vorausgeht, außer, daß halt paar arbeitsfreie Tage waren?

Ja, ich glaube diese alte Geschichte immer noch, weil ich guten Geschichten traue und dies ist die beste, die wir haben, sie ist der Mittelpunkt des Christentums und meiner Religion, in die ich hineingetauft wurde und die ich nicht einfach so ausziehen kann wie einen alten Mantel. Und ich streite mich nicht mehr herum mit Menschen, denen im Grunde genommen eh alles egal ist und die mir mit diesem jämmerlichen Beweis der Nichtexistenz des Göttlichen kommen, weil doch die Menschen sich gegenseitig abschlachten und überall dort, wo es Machtpositionen gibt, auch in der Kirche, diese aufs Übelste mißbrauchen und so weiter und weiter.

Ganz egal, als was man die Passionsgeschichte deutet, als Parabel, Märchen oder was weiß ich, an ihrem Ende steht, daß der Tod nicht das Ende von allem ist, weil es im ewigen Kreis des Lebens kein Ende gibt … der Kreis ist rund und das Ende hat den Anfang im Mund, dafür gibt es unzählige Beweise, die Passionsgeschichte ist der wahrhaftigste.  Ob sie  tatsächlich stattgefunden hat und ob ER der Kosmische Jesus ist und/oder eine historisch nachweisbare Gestalt, sagt gar nichts aus über den Wahrheitsgehalt. Wenn man sich noch ein wenig Phantasie bewahrt hat und daran glaubt, daß nicht alle Rätsel gelöst werden können und Geheimnisse bleiben und jede Antwort viele Fragen nach sich zieht, dann ist Ostern ein Wunder für die Seele, Christ ist erstanden, halleluja, jedes Jahr aufs Neue und immer wieder.

Aber was bleibt … das Karussell dreht sich schwindelerregend schnell, im Grunde ist alles nur Momentaufnahme … die Blütenteppiche des Frühlings, Sonne, Regen, Schnee, Wolken, alles fliegt vorbei und ändert ständig seine Gestalt, nichts bleibt und doch scheint in einer Art „inneren Welt“ ein Ort des Stillestehens zu existieren, da ertönt die Johannes-Passion und dann singt Leonard Cohen und dann sitze ich mit befreundeten Menschen am Gründonnerstagabend um den Stubentisch, wir essen Brennesselsuppe und brechen das Brot füreinander und wir brauchen es uns nicht zu sagen, denn alle wissen wir, in welchem Angedenken wir es tun … und wir teilen nicht nur das Brot, sondern auch die ganzen Sorgen und Ängste über Diagnosen und Prognosen und wir lachen gemeinsam und freuen uns darüber, daß wir uns kennen und gernhaben.

Und die  Freundin, die am Ostersonntag kommt und das Strahlen über ihr Gesicht und der dankbare Glanz in ihren Augen, als sie den festlich gedeckten Tisch sieht, das bleibt in dieser inneren Kammer, das weht nicht vorbei. Das ist das Wunder der Freude.

Ja, natürlich glaube ich an die leibhaftige Auferstehung, es gibt keinen Grund, es nicht zu glauben … sie ist passiert und sie passiert immer wieder … oft unbemerkt und irritierend einfach. Bestellbar ist sie nicht. Nicht mal bei Amazon.

 

 

 

 

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