F.

In verblichenen, ausgefransten Papierstößen, aus denen Staub und Dreck rieseln, finde ich nicht das, was ich suche, aber auf einmal fallen mir die Stammbäume meiner AhnInnen in die Hände. Niemand hat sich dafür über die Jahrzehnte hinweg interessiert. Ahnenpässe, Arbeitsnachweise, eidesstattliche Erklärungen über das Nichtvorhandensein jüdischer Familienmitglieder, Sterbeurkunden und Taufzeugnisse, Nachweis Gesundheitsprüfung und ob DDT angewendet wurde zur Vernichtung der Kopfläuse mit unleserlicher Bemerkung, ausgestellt in einem Zwischenlager in Donauwörth, dann fällt ein brauner Behördenzettel zu Boden, darauf steht der Name meiner Mutter  :  Flüchtling

ich fange an zu weinen.

5 Gedanken zu „F.

  1. Auf dem Rückzug aus Russland ließ Napoleon seine Armee im Stich und floh „Voraus“, vorbei an erfrierenden Soldaten. Das Denkmal bröckelte. Sein Mörtel schrie. (Heiner Müller)

  2. Ich habe letzthin ähnliche Papiere und Dokumente gefunden.
    Eins davon betraf meine Tante. Von Lummerland nach Alzey verbracht ins provisorische Hospital am frühen Nachmittag des 27. März 1945. Verstorben um 19:15 Uhr. Innerlich verblutet durch Granatsplitter einer Sprengfalle.
    Sie war sieben Jahre alt. Ich habe sie nie kennenglernt.

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