Archiv der Kategorie: Parallelwelten

10 Jahre Fotoforum Braunau

Wer sich für zeitgenössische Fotografie und bestens kuratierte Ausstellungen interessiert, sollte unbedingt hierhin fahren!

Rooming-In II

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Segne, was du erntest!

Die Zeit scheint immer einen Schritt voraus zu sein und ich hechle ihr hinterher.

Seit bald zehn Tagen wandelt die Sonne durch das Zeichen der Jungfrau, von der man sagt, daß sie die Welt als einen besseren Ort verläßt als sie ihn vorgefunden hat. Hinter dem konventionell eher faden Bild der Jungfrau verbirgt sich das Bildnis der Mutter des Universums, die seit 15000 Jahren vor der Zeitrechnung überall auf der Erde als das höchste Wesen verehrt wurde. Sie hatte viele Namen und viele Gesichter, SIE selbst ist das Universum,  und alles existiert als Manifestation Ihres Geistes und lebt nach Ihren Rythmen und Gesetzen. Die Göttin ist die letztendliche eine, Sie ist Jegliches und Alles zur gleichen Zeit.

SIE sieht Vergangenheit und Zukunft, während Sie über der Gegenwart verweilt.

Dieses Attribut ist eine der stärksten Eigenschaften von jungfraubetonten Menschen:  sie haben die Fähigkeit, sich in ihrem Verweilen in der Gegenwart  auf vergangene Erfahrungen zu beziehen und dabei zukünftige Konsequenzen berücksichtigen zu können. Aus der Gegenwart zurück- und vorausschauen. Mit ihrer tiefen und klaren und weisen Einsicht in die Bedingungen des Lebens bändigt Jungfrau die ungestümen, wilden Kräfte von Feuer und Wasser des Sommers, gibt Erdenform und Struktur, ordnet die Gaben und plant für den Winter.

Sie sagt: „Erntet und sammelt jetzt, was ihr gesät habt, dankt und segnet das, was euch geschenkt wurde und vergesst nicht, zu teilen! Bald werde ich an meine Schwester Waage das Zepter abgeben. Waage steht am Tor zur Dunkelheit – hinter ihr wartet die Skorpionin in ihrem Boot, um Euch über den Fluß in ihr dunkles Reich zu begleiten.“

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„Trouble is my…

Kundschaft

 

Manch einer will die

harten Sachen.

Den nackten Schrei,

roh und brutal wie

ein Verkehrsunfall mit

Toten.

 

Ein anderer hat es

gern subtil

und zwischen den

Zeilen. Weder klar noch

deutlich. Stets

ein bißchen hintenrum.

 

Und ein dritter

sucht den hohen Ton.

Das Prätentiöse.

Den ausgestreckten

Zeigefinger

in der Wunde.

 

Doch sie alle sind

nur Kunden.

 

Auf der Suche nach

sich selbst

durchwühlen sie

deine Zeilen

wie einen Korb voll

schmutziger Wäsche.

 

Und wenn sie

sich nicht finden, bist

du schuld.

 

Florian Günther

http://www.edition-luekk-noesens.de/drecksack/

„Rohstoff“

In Klagenfurt beim Bachmannwettbewerb ist ihm von Ranicki § Co. gesagt worden: „Sie gehören hier nicht hin!“ Und in einem dieser völlig überflüssigen Interviewversuche, diesmal mit H. Karasek, in dem ein viel zu gescheiter Schriftsteller auf die etwas einfältigen Fragen intelligent antwortet, weil er zu nichts anderem fähig ist, läuft das ganze nervige Gerede darauf hinaus, daß der eine sagt, er wäre kein Schriftsteller, er wüsste nicht so recht, was das denn sei und der andere sagt, ob er denn ein Publizist sei? Jörg Fauser sagt: „Ich bin Geschäftsmann. Ich vertreibe Produkte, die ich herstelle, und das ist ein Geschäft.“

„Writing is my business.“ Karasek: “ Aha.“

Dieses Interview ist im Buch „Rohstoff“ von Jörg Fauser, zusammen mit einer mir gleichfalls eher überflüssig erscheinenden Nachrede von B. v. Stuckrad-Barre. (Verlag Diogenes)

Dieser „Rohstoff“ ist jetzt endlich auch bei mir gelandet und das verdanke ich der  kleinen großen Literaturzeitung „Drecksack“ von Florian Günther aus Berlin, denn da gibt es eine ganz wunderbare Sonderausgabe über Jörg Fauser, der im Juli 70 Jahre alt geworden wäre, wenn ihn nicht 1987 unter sehr merkwürdigen Umständen auf der Autobahn bei München ein Lastwagen totgefahren hätte.

Nein, ich werde keine Sätze zitieren aus dem Roman, das käme mir frevelhaft vor. Ich habe mich beim Lesen von „Rohstoff“ schon öfters gefragt, was denn dieses ganze Suff- und Drogenzeugs mit mir zu tun hat und ob ich mich unbedingt durch die schmerzende Wahrhaftigkeit dieses Textes quälen müsste. Ja, und dann habe ich dieses Buch ausgesaugt bis auf den letzten Tropfen…und ja, es hat was mit mir zu tun, diese gnadenlose Ehrlichkeit, mit der er sagt, was ist und wie all die Gescheiterten doch immer wieder von was träumen und dann wieder scheitern und hinfallen und wieder aufstehen und trotzdem nichts Heldisches haben.

Ich glaube ihm, denn er ist einfach saugut geschrieben, dieser Roman „Rohstoff“ von Jörg Fauser! That´s  it.

 

„Ich halte den Künstler, den Schriftsteller, nach wie vor für einen Aussätzigen, sich selbst Aussetzenden, außerhalb und mit dem Rücken zu jedweder Gemeinschaft und Gesellschaft Stehenden.“ (Jörg Fauser im Essay „Der Strand der Städte)

Ja.

 

 

Ach Virgilio…

Komisch, Virgilio, ständig blitzt mir abends dieses Fenster entgegen, früher ist mir das nie aufgefallen. Mir ist ein bisschen, als hätte ich Dich gekannt, was ja nicht sein kann, nicht wahr, zwischen uns lagen schließlich die Alpen. Mir ist, als würde ich Dich vermissen, Virgilio, aber auch das kann nicht sein, wir kannten uns ja nicht. Ich trage seit Jahrzehnten einen Terminkalender mit mir herum, der, zum Hineinschreiben völlig unbrauchbar, aber zum Herauslesen lebensrettend ist. Du weißt, über manch einen Tag trägt uns nur die Poesie, nicht wahr?

Hier, am Nordrand der Alpen, staut sich gerade die  Sehnsucht nach dem Süden, die sich vorher durchs Land bis zu uns heruntergewälzt hat. Auto für Auto  wird unter dem Gebirge hindurchgezerrt, um dann irgendwo am Meer das Eigentliche zu erleben…das, wovon alle träumen…

Wovon wirst Du geträumt haben? Auf einem Foto sehe ich schwarze Augen, ein gescheites Gesicht… ich lese: Altphilologe, promoviert, Schriftsteller, Lektor, Freund, Regenschirmvertreiber… Du hast über mythologischen Themen geforscht, Deine Arbeit über Pan hätte mich interessiert.

Der Poet ist gegangen, sein Werk hat er dagelassen. In jedem Gedicht ist eine Pforte verborgen, allein der Wunsch öffnet die Tür… die Geschichte beginnt mit Antworten auf Fragen, die man nie gestellt hat.

Ciao, Virgilio!

 

Nachts

Ich möchte dass es nie mehr Sommer wird

dass der Regen nicht aufhört die Birken

ihr Grau behalten der Asphalt den

Scheinwerferglanz

vor dem Wind die Läden ver-

riegeln im Turm von den Balken es

lesen Was weiss ich? dann draussen wir

schwarzweiss

das Pflaster gehn durch einen

Film ohne Tonspur doch wenn du

aufsiehst im Kreuzungslicht

diese bläulichen

Kreise hinter den Wimpern und wie dir´s

in die Stirne fiele das Rot.

Virgilio Masciadri

 

(mein herzlicher Dank an die Poesie-Agenda des Orte Verlags für´s Ausleihen!

www.orteverlag.ch)

 

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Segen

Die Göttin segne dich.

Sie erfülle deine Füße mit Tanz und deine Arme mit Kraft.

Sie erfülle dein Herz mit Zärtlichkeit und deine Augen mit Lachen.

Sie erfülle deine Ohren mit Musik und deine Nase mit Wohlgerüchen.

Sie erfülle deinen Mund mit Jubel und dein Herz mit Freude.

Sie schenke dir immer neu die Gnade der Wüste:

Stille, frisches Wasser und neue Hoffnung.

Sie gebe uns allen immer neu die Kraft, der Hoffnung ein Gesicht zu geben.

Es segne dich die Göttin.

 

Segensspruch aus Zaire

 

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Wendekreis des Krebses

Den ewigen Tierkreis der Gestirne tanzen wir wie oben so unten, zwölf verschiedene Masken dürfen wir anprobieren, zwölf Räume und Gezeiten durchreisen und den Sehenden, die sich trauen, ins Große Nichts zu blicken, können sich zwölf Gesichter der Gottheit offenbaren.

Durch das Sternzeichen Krebs wandeln wir gerade und in den Nächten bittet Sie, die tausend Namen hat, als Mondgöttin Selene zum Tanz der Großen Mysterien.

Sie erscheint als Schöpferin der Zeit, eng verbunden mit den Wassern des Lebens, als strahlende Königin der Nacht lehrt Sie uns, daß alles Leben aus der Dunkelheit geboren wird und auch dorthin zurückkehrt. Auf Ihrer Stirn trägt Sie den Silberspiegel des Mondes. Im Reigen lehrt Sie uns den Krebsgang, langsam, eins vor, zwei zurück…Sie lehrt uns, den Panzer abzuwerfen,den eigenen Träumen zu folgen, zu wagen, immer weiter in das innerste Zauberreich unserer Seele zu tanzen und durch das Vertrauen in unsere Intuition zu Erkenntnis zu gelangen.

Es gibt keinen Anfang und kein Ende, alles fließt, von Dir zu mir, von mir zu Dir, ich spüre Dich, ich spüre mich.

Mond, Mond, ich liebe dein Silberlicht.

Ich fühle, also bin ich.

 

Maske

 

 

Zwei Stühle.

Ich fahre vom Einkaufen nachhause. Auf beiden Seiten der Bundesstraße Häuser, Eigenheime mit Vorgärten, viele Blumen, Sträucher, Rabatten, gepflegte Hecken.  Überall geschäftig herumwuselnde Menschen, die sich redlich bemühen, der Vision »Landlust« soviel Daseinsberechtigung wie möglich,  im eigenen Leben und Vorgarten abzutrotzen. Der gepflegte Wildwuchs erfordert viel Arbeit und deshalb wird an einem Tag wie heute um 17.30 Uhr geschnitten, gerupft, ausgezupft, abgeschaufelt, umgegraben, zugedeckt, ausgedünnt, neugepflanzt, in Form geschnitten, ausgestochen, gegossen, gedüngt, entschneckt, entlaust, gespritzt, und sollte das alles schon getan worden sein, so wird der Rasenmäher geölt oder die Heckenschere repariert, das Auto poliert oder zumindest der Grill angeheizt.

Mitten drin in der beidseitigen Siedlungsbetriebsamkeit eines Sommerabends ein Garten ohne Blumen, ohne irgendwas. Eine große leere Grasfläche, darauf zwei Stühle.

Zwei Männer sitzen da. Sonst nichts. Sie sitzen nur so da, einander zugewandt, tun nichts weiter, vielleicht reden sie, vielleicht nicht.

Sie sitzen einfach nur so da.

Fast möchte ich ihnen danken für den Anblick eines leeren Gartens, für dieses ruhige wohltuende Nichts mit zwei Stühlen.

 

»La Petite Mort«

SC8_1922-Regenbogen

Gestern, um 12.51 Uhr, hat sich die Sonne »gewendet«, der Höhepunkt ist überschritten, mehr Blühen als Blühen war nicht möglich, die Blätter fallen, die Frucht wird denkbar. Mit der Frucht kommt der Tod.

Alleine stehe ich am Platz der Wilden Frauen in der längsten Nacht des Jahres. Ich lausche auf den Wind, der in den Blättern raschelt, da höre ich sie, von Weitem und dann immer näher kommend, Frauenstimmen, lachend, singend, viele sind es. Auf der Nahtstelle zwischen den Welten brennt ein Feuer. Hände greifen nach mir und ziehen mich mit, lange Röcke flattern im Tanz, wir singen Lieder, deren Text ich nicht verstehe…wild und ausgelassen springen wir ums Feuer herum…mir ist, als wäre da ein besonderes Licht über dem Wald…

Der Reigen dreht sich und dreht sich in rasender Geschwindigkeit, fliegen wir schon? Da kommt noch eine dazu in einem leuchtend roten Kleid, der Kreis öffnet sich, sie wird hereingelassen, wie warm ihre Hände sind! Ich weiß, bis jetzt war nur das Vorspiel, jetzt geht der Tanz erst richtig los, denn jetzt sind wir komplett, die Dreizehnte ist da: „La Petite Mort.“