Alle Beiträge von Michl Helminger

24T.-Mutmaßungen über das Fremde,Tag14

In Ruhe bettet sich alle Fremdheit

Drei Wirkprinzipien. Das Herausfordernde. Das Neugierige. Das Festhaltende. Seit Jahrmillionen. Bedrohung ist, wenn Gewohntes in Veränderung gerät. Sagt das Festhaltende. Cocooning vermeidet Bewegung. Lässt Ruhe einkehren. Festsetzen. Status Quo erhalten. Neugier und Herausforderung greifen ins Nichts. Das Gewohnte auspolstern ist Komfort. So erspürt sich Nichtbewegung wohlgesinnt. Wer sich’s leisten kann. Wer Neugier und Ehrgeiz nicht mehr nötig hat, hält fest am Festhalten. Fremdheit ist Fragezeichen. Setzt in Bewegung. Affront. Ist das Aussen. Lässt den Komfort-Cocoon zum goldenen Gefängnis werden. Innerhalb wird die Welt klein und kleiner. Aber überschaubar. Bewegung kommt gänzlich zum Stillstand. Schmerzfreiheit durch ein Wattebett der Bequemlichkeit. Unendliche Bewegungslosigkeit, Stille. Dann Sterben der Sehnsüchte. Fremdheit ersetzt Gewohnheit und wird selbst zum neuen Statthalter. Bettet sich ein. Hofft auf das eigene Festsetzen. Neue Fremdheiten stehen bereits am Horizont und warten auf die Chance des Stillhaltens der alten Fremdheit. Wenn alle Fremdheit bewegungslos, ist Erfüllung. Ruhe. Ende. Für immer. So denkt das Festhaltende. So befürchtet das Neugierige. So ängstigt sich das Herausfordernde.

 

Gastbeitrag: Herr Graugans

24 T. – Mutmaßungen über das Deutschsein, Tag 19 #Michael Helminger (Teil2)

Meine Mutmaßungen:

Klar ist, ich bin Deutscher. Meine Familie war und ist deutsch. Damit trage ich all die »deutschen Prägungen« in mir. Natürlich verschlüsselt. Verwoben mit meinen persönlichen Prägungen. Aber dennoch da.

Natürlich möchte ich mit großen Teilen der deutschen Geschichte nichts zu tun haben. Aber als Deutscher trage ich Urheberschaft ebendieser Geschichte in mir. Sicher nicht direkt. Aber indirekt. Ich trage nicht schwer, aber ich trage. Meine Existenz heute fußt auf den Urhebern damals. Und Urheberschaft ist nicht übertragbar, auch nicht ablegbar. Das gilt für den malenden Künstler ebenso. Er kann sein Werk vernichten, verschenken, verkaufen. Urheber bleibt er aber trotzdem. Nur die Personen, die das Werk an die Wand hängen, ändern sich.

Deutschsein. Was über all die Generationen hindurchwirkt, vermag ich nicht zweifelsfrei zu benennen oder auseinanderzudividieren. Ich weiß nur eines: Wäre ich in Italien zur Welt gekommen, mit italienischen Eltern und italienischen Großeltern, in einer mediterranen Landschaft. Ich wäre heute jemand anderes. Was aber anders wäre, kann ich wiederum nicht mit Exaktheit benennen.

Halbleer anstelle halbvoll. Zwei Grundgefühle. Eines ist für mich deutsch und eines nichtdeutsch. Minderwertigkeit, fehlende Authentizität, Unreife schwingt mit. Gibt den Ausschlag. Wahrscheinlich auch bei mir. Ebenso in der Biografie eines Adolf Hitler. »Leer« beinhaltet ironischerweise Potenzial. Zum »mehr« werden, zum »besser« werden. Zur bedingungslosen Höchstleistung. Dennoch ist Halbleer vorweggenommene Niederlage.

Die Angst vor dem Untergang. Vor Verlust. Zwei Pole, die, wenn sie zueinander finden, frei jeglicher Moral Grenzziehungen niederreißen. Ich weiß heute: meine (deutsche) Erziehung war eine Erziehung immer hin zum Halbleer-Sein, niemals zum Halbvoll-Sein. So bin ich wohl auch in dieser Hinsicht Deutscher.

Uneindeutigkeit. Gegenteil von Stringenz. Ein klarer, übergeordneter Zielfokus fehlt auch mir. Auf dem Weg Irgendwohin gibt es immer Umwege. In Teilstrecken bin ich als Deutscher zu ungeheurer Systematik fähig. Als Deutscher trage ich beide Seelen in mir. Die Seele des Disziplinierten. Die Seele des Leistungswilligen. Das sind die Aspekte mit denen wir Deutschen assoziiert werden. Auf der anderen Seite steht die Seele desjenigen, der vergessen hat, wo er eigentlich hinwill, weil Vorbilder nie wirklich da waren. Das ist das, was die Deutschen auf meisterliche Weise zu verbergen gelernt haben.

Des kleinen Jungen, losgelassen in die Welt der Großen. Vielleicht, weil fehlende Vorbilder das Karma der deutschen Geschichte darstellen? Mein eigener Vater eignete sich nicht wirklich als Vorbild. Die Figuren des 3. Reiches dürfen keine Vorbildfunktion haben. Aus früher Geschichte hat sich keine schillernde Figur erhalten. Das ist für mich die wichtigste Mutmaßung in meinem Deutschsein.

Deutsche Reflexion. Ja, ich glaube Uneindeutigkeit und die deutsche Variante von Minderwertigkeit haben etwas hervorgebracht. Widersprüchlichkeiten zum Ausgleich bringen zu wollen. Durch Für und Wider. Durch Madigmachen. Durch Provozieren. Durch Gegenrede. Durch Illoyalität. Durch Verweigerung. Selbst durch das gelebte Empfinden der Nicht-Zugehörigkeit. Durch sich selbst Zerfleischen. Eine Bedrohung für alle Rechten und wie ich heute gelesen habe »Rechtsintellktuellen«.  All das führt letztendlich zu einer dialektiktischen Betrachtungsweise – und, das ist mein fester Glaube: Zu einer lebenswerteren Gesellschaft, die nicht Widersprüche einebnet, sonder ausfechtet.

Und all das sind auch … deutsche Tugenden!

Text: Herr Graugans / Michael Helminger
Blog: Erkundungen in der Ungleichzeitigkeit

24 T. – Mutmaßungen über das Deutschsein, Tag 19 #Michael Helminger (Teil1)

Weiberschlucht das heißt Babyn Jar. In Kiew. In der Ukraine.
Ich stehe am Abgrund. Am 29. und am 30. September 1941 wurden 33.771 Juden hier an dieser Stelle erschossen. In großen Marschgruppen kamen die Juden. Aus der Stadt Kiew und aus der Umgebung. Freiwillig. In der Hoffnung auf Züge, die sie weiter in den Osten bringen sollten. Das hatten die Deutschen versprochen. Bereits in der Stadt an entscheidenden Kreuzungen Gestapo-Leute, die den Menschenstrom lenkten. Sie hielten sich im Hintergrund. Geordnet. Ein logistisches Großprojekt. Minutiös geplant. Präzise. Effizient. Ja, die Ukrainer haben geholfen. Bereitwillig. Mich interessiert aber die »Projektabwicklung«. Spezialisten. Gingen mit der Erschießung um, wie mit einem Großtransport, bestehend aus vielen Einzelteilen. Exakte Arbeitsteilung. Exakte Zeitplanung. Schichtdienst. Mechanisierung des Tötens. Großteils SS-Angehörige. Aber auch Wehrmacht.
Vorher »normale Deutsche«. Hinterher »normale Deutsche«. Die, die später nicht identifiziert und verurteilt wurden … also die Mehrheit … leben noch heute unter uns. Als geliebte Großväter. Viele, die irgendwann am Grab ihrer Großväter oder Väter standen, hatten keine Ahnung davon.
Ich stehe genau an dem Abgrund, an dem damals die Kiewer Juden heruntergestoßen wurden. Um unten in der Schlucht erschossen zu werden. Es ist November. Schneeregen. Lehmboden. Steile Schlucht. Ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich will nach unten  sehen. Verliere das Gleichgewicht. Komme ins Rutschen. Rutsche. Genauso wie die Juden damals. Hinunter zum Boden der Schlucht. Verdreckt stehe ich auf und gehe zurück zur Metro. Blonde Ukrainerinnen schauen mich skeptisch an. Im Zug geht man auf Abstand. Man will sich nicht schmutzig machen.

Meine Großmutter. Nimmt mit einem Blick der Ehrfurcht ein Buch in die Hand. Erzählt, dass sie dieses Buch all die Jahre retten konnte. »Solche Bücher gibt ja heute nicht mehr, sagt sie«. Auf dem Titel steht in Goldprägung »Unser Heldenkaiser«. Sie erzählt dann mit glänzenden Augen von ihrem Vater. Kaiserlicher Offizier. Später Bahnhofsvorsteher. Beamter. Ein stattlicher Mann. Sonntags immer Spaziergang mit Degen. Sie erzählt vom Kaiser. Dann von den Braunen. Scheußliche Uniformen. Schlechte Umgangsformen. Schlechter Stoff der Uniformen. Die schreckliche Ruhrbesetzung durch die Franzosen. Von ihrem Vater als Erniedrigung erlebt. Wollte zu den Freicorps. Aber zu alt. Hat die »Ruhrschmach« an sie weitergegeben. Sie zieht ein weiteres Buch aus dem Bücherschrank.  »Feind im Land«. Es steht noch ihr Mädchenname im Innentitel. Nein, sie war ganz sicher keine NationalsozialistIn. Sie stand für eine protestantisch-preußische Tradition. Sie glaubte an deutsche Tugenden. Für sie war »Am deutschen Wesen soll die Welt genesen« keine Worthülle. Für sie war das eine Tatsache. Die Nazis haben alles vertan. Die Größe Deutschlands. Die Nazis waren in ihren Augen profan. Ohne Glanz. Ohne Würde. Das warf sie ihnen vor. Juden. Schreckliche Dinge. So war das eben… Dann schlägt sie die Frau im Bild auf, liest von irgendeiner hohen Heirat aus der hannoverischen Linie.

Ich denke nach. Deutschsein. Deutsche Tugenden. Deutsche Nation. Wann hat das begonnen? Viel später als gedacht. Norddeutscher Staatenbund ab 1866. Dann preußisches Kaiserhaus. Vorher zwar Römisches Reich deutscher Nation. Aber das war etwas Anderes. Bin kein wirklicher Geschichtskenner. Während in Frankreich und England schon kräftig an der Nationenwerdung gebastelt wurde, gab es in Deutschland Viel- bzw. Kleinstaaterei. Erst ab 1848 kann so allmählich von einer echten deutschen Nation gesprochen werden. Vielleicht sehen das Historiker anders. Kommt vielleicht daher so etwas wie ein immwährendes deutsches Minderwertigkeitsgefühl? Gute Geschichten wollen klar umrissene Helden, die zwischen Gut und Böse trennen. Die Tradition der starken Monarchen findet in Deutschland immer nur eine eher schwächliche Variante. Deutsches Kaiserhaus. Naja. Deutsche Kolonien. Naja. Wenn also Nationen so etwas wie Ideenwelten zur Ordnung der Welt sind, ist die in Deutschland verspätet und lange sehr schwach. Vor dem ersten Weltkrieg kommt mir Deutschland so vor, wie ein zu schnell gewachsener, altkluger Junge, der jetzt vehement und jähzornig auf sein Recht pocht. Flankiert von deutschem, völkischen Nationalismus: Wir mussten aufholen. Mangels glorreicher monarchischer Tradition kam das Argument der rassischen Stärke…

Mein Vater. Blond. Blauäugig. Erzählte mit Ehrfurcht von den deutschen Landsern. Er war noch zu jung für den Krieg. Zu jung für Volkssturm und all die anderen Dinge. War wohl gern gesehen bei den Nazigrößen der Heimatstadt. Eines Weihnachtens bekam er von meinem Großvater eine geschneiderte Kinder-Landser Uniform geschenkt. War stolz darauf. Es gibt Fotos davon. Hätte das tausendjährige Reich länger gedauert, wäre er sicher seinen Weg gegangen. Hat ins Bild gepasst. Germanisch. Deutsch. So hatte er Glück. Aber das sage ich und nicht er. Die Erlebnisse gaben dennoch Prägung. Für das ganze Leben. War immer konservativ. Nie ausgesprochen rechts. Immer unauffällig in der Mitte.

Meine Mutter. Aus Pommern. Pietistisches Elternhaus. Freie evangelische Gemeinde. Gibt des Kaisers was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist. Die Strenggläubigkeit bewahrte vor Nazi-Anhängerschaft. Eine Großtante, die in den frühen 30er Jahren als evangelische Diakonisse nach Amerika ging. Im Namen des Herren. Eine Tante die als Diakonisse nach dem Krieg in der DDR verblieb. Meine Mutter macht ihre Ausbildung in der noch jungen DDR. Kehrt nach einem Verwandtenbesuch aber nicht zurück. Zwei Jahre später werde ich geboren. In meiner Kindheit Pakete für meine Tante in die DDR. Ich musste immer einen Brief schreiben. Jedes Mal eine Tortur. Kannte sie ja gar nicht. Die Pakete hatten einen doppelten Boden. Da hinein kamen die guten Sachen. Die gute Schokolade. Als Kind hätte ich sie gern selber gegessen. Aber das durfte ich nicht laut sagen.

Protestantismus. Pietismus. Kant. Und ich. Pietismus kommt von Pflichtgefühl, Pflichtbewusstsein, Ehrfurcht, Frömmigkeit. In meiner Familie die vorherrschende Glaubensrichtung. Ich kann Frau Graugans nie erschöpfend erklären, was der Pietismus beinhaltet. Ich kann nur sagen, wenn ich einen Pietisten vor mir habe, erkenne ich ihn. Ich habe Antennen, ein »Gefühl« dafür. Pietismus mit seinem Pflichtgefühl gehört für mich nicht nur zu meiner Familie. Pietismus gehört zu Deutschland. Ein Stallgeruch.

In einem Quergedanken fällt mir Moritz Schreber ein, mit seiner Erziehung zur »Triebableitung«. Auch er hat etwas mit Pietismus und Deutschsein zu tun. Pietismus meint: Das körperliche, lustvolle verneinen. Immerwährende Verantwortlichkeit gegenüber »dem Herrn«, relative geistige Freiheit gegenüber »den Herren der Welt«. Verantwortung für das eigene Tun übernehmen, persönlich seinem Gott gegenübertreten.

Da begegnet sich der strenggläubige Pietist und der Aufklärer Kant. »Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit Ehrfurcht: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir« oder auch »Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu werden, sondern um unsere Pflicht zu erfüllen.« Ja, wenn ich darüber nachdenke, komme ich aus dieser Gemengelage, glaube ich, daß dies zum Deutschsein zumindest in einer Facette gehört. Ich kann tun, was ich will, der leichtfüßige Papillon werde ich wohl nie werden…

Ein Ostpaket. Zu meinem Geburtstag 2018 erhielt ich von lieben Freunden ein Ostpaket. Mit Produkten, die zumindest markentechnisch ihren Ursprung in der ehemaligen DDR haben. Ich fragte, wie es war, wenn sie damals »Westpakete« erhielten. Eigentlich wollte ich fragen, wie das Leben in der DDR überhaupt war. Eigentlich war mir aber auch klar, dass es hier keine erschöpfenden Antworten geben kann. Das ist wie zur Zeit der »Westpakete«, wenn ein Foto meiner Tante zurück kam. Für meine Mutter eine Freude und sofortiger Anknüpfungspunkt. Für mich nur die Unmöglichkeit mit diesem Foto etwas zu verbinden. Fremde Erinnerungen, nicht meine Erinnerungen. Auch erkenne ich einen Unterschied in deutscher Wahrnehmung. Abgehängtsein ist ein Wort. Da ist nicht persönliches Abgehängtsein gemeint. Dafür gäbe es keinen wirklichen Grund. Da ist kollektives Abgehängtsein gemeint. Nicht wirklich angekommen sein. Eine Empfindung, die ich nicht haben kann, denn ich bin ja schon immer da… habe dadurch bereits meinen »Erbplatz«; bin kein neu hinzu gezogener.

Mutmaßungen über das Deutschsein? Nein, Mutmaßungen über das Deutschsein kann ich nicht liefern, liebe Frau Graugans. Wenn, dann Mutmaßungen »im« Deutschsein. Wenn ich den Versuch machte wäre es das gleiche wie jener aus Sparta, der sagte, alle Spartaner wären Lügner, obwohl ja bekannt war, dass die Menschen aus Sparta lügen… Hat jener jetzt gelogen oder nicht? Eine Form der Selbstreferenzialität. Viele fühlen sich dazu berufen. Weil sie glauben, man könne von außen in sich hineindenken. Draufsichten des Glashauses, in dem man selber sitzt. Drin sitzen und Draufschauen geht aber nicht gleichzeitig.

Deshalb überlasse ich das Draufschauen lieber anderen, die meinen, dieser Spagat wäre schaffbar und liefere weitere Gedanken am morgigen Tag …

 

Graugans & DSGVO

Pünktlich mit Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai 2018 wird es auf der Graugans einige Änderungen geben. Dazu an dieser Stelle ein paar Erläuterungen:

Die »Graugans« ist ein »selbstgehosteter Weblog« – alle Blogs auf wordpress.com sind Teil eines gemeinsamen Social Networks …

Der Vorteil unserer WordPress-Variante ist eine im Wesentlichen Unabhängigkeit von  Konzernen. WordPress ist eine kostlose Software, die von der Firma Automattic bzw. durch den WordPress-Erfinder Matt Mullenweg kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Der Quellcode ist frei zugänglich, wodurch jeder Entwickler WordPress weiterentwickeln kann – die Weiterentwicklungen sollen jedoch wieder allen zur Verfügung gestellt werden. Was man für diese Variante benötigt, ist ein eigener Webserver und zumindest rudimentäres Know-How wie man WordPress installiert und später auch wartet. Das, was man installiert, ist letzten Endes eine ganz normale konventionelle Website – lediglich mit der Sonderfunktion der Datum-gesteuerten Artikelorganisation. Was nicht dabei ist, sind sog. SocialNetwork-Funktionen wie »Likes« und »Network-Benachrichtigungen«.

Womit verdient WordPress/Automattic sein Geld?

Das ist schnell erklärt: Automattic verfügt über große Serverkapazitäten und bietet die Möglichkeit kostenlose (einfache) WordPress-Seiten aufzusetzen. Mit dabei sind SocialNetwerk-Funktionen … ein Reader, Likes, etc. Das macht die Sache interessant, ist aber unter dem Aspekt des Datenschutzes teilweise problematisch. Über die Jahre entstand eine sehr große Community. Nichts ist aber umsonst – die Bezahlung sind die diversen Werbeeinschaltungen. Die bringen echtes Geld. Darüber hinaus wohl auch das Wissen über das Verhalten der vielen User – Stichwort »Datamining«. Zusätzlich gibt es dann noch Premium-Dienste für Business-Kunden…

Wie sieht die Verbindung zwischen der Welt der WordPress-Community und der Graugans aus?

Dazu gibt es das Jetpack-Zusatzpaket (»Widget«): Jetpack stellt die Grundfunktionen aus dem Social-Network wordpress.com auch für selbstgehostete Webseiten wie die der Graugans zur Verfügung. Nur dadurch gibt es die Funktion des »Gefällt mir« oder der E-Mail-Follower oder Gravatar auch für die Graugans. Jetpack ist sozusagen ein Hintertürchen in die WordPress.com-Welt, die des WordPress-Social-Networks.

Was für ein Problem gibt es jetzt durch die DSGVO ab dem 25. Mai?

Die DSGVO regelt jetzt erstmalig den Umgang mit personenbezogenen Daten von Grund auf. Das war schon längst überfällig. Bis 25. Mai bauen wir daher die Graugans so um, dass dieser Weblog komplett DSGVO-konform ist. Ein Impressum und eine Datenschutzerklärung wurde schon hinzugefügt, ebenso einige technische Änderungen »unter der Haube«.

Im Kern der DSGVO steht, dass von WebsitebesucherInnen ein Einverständnis eingeholt werden muß, wenn personenbezogene Daten erhoben bzw. weiterverarbeitet werden. Jetpack/wordpress.com generiert aber personenbezogene Daten, ohne dass diese wichtige Einverständnisfrage überhaupt gestellt werden kann. Der Websitebesucher kann nicht vorher gefragt werden. Deswegen ist das Jetpack-Widget in weiten Teilen nicht DSGVO-konform und wird daher auf der Graugans zum 25. Mai abgeschaltet. Dieser Schritt fällt nicht leicht, weil dadurch für das Blogging wichtige Funktionen wie z.B. die Likes und Informationen, wer aus »Bloghausen« schon da war, ebenfalls verschwinden und natürlich auch die automatische Information über neue Artikel. Die Social-Network-Funktionen fehlen daher zukünftig auf der Graugans. Die Graugans hofft aber, dass trotzdem geschätzte LeserInnen auch zukünftig vorbeischauen. Wir haben deswegen als (schwachen) Ersatz die Möglichkeit eines Browser-gestützten RSS-Feeds integriert.

Wie wird’s weitergehen?

Die DSGVO war notwendig. Jetzt stellen sich (teilweise viel zu spät) alle Akteure auf die neue Situation ein und erarbeiten Strategien, wie man mit der neuen Situation umgeht. In ein bis zwei Monaten wird es dann sicher auch ein neues DSGVO-Jetpack-Widget geben, das die jetzigen Probleme behebt. Dann sind wir wieder im Boot.

Nur ein abschließender Gedanke: Nicht die DSGVO ist das Problem, sondern der nicht transparente Umgang mit personenbezogenen Daten, die von vielen Anbietern wie wordpress.com gepflegt wurde – und: Ein mangeldes Bewußtsein zum Thema Datenschutz. Ich erinnere mich noch … in den 80er Jahren bin ich wegen der damaligen Volkszählung auf die Straße gegangen … heute sage ich »lächerlich« … und gebe freiwillig bei weitem mehr Daten von mir in der Öffentlichkeit Preis als damals in der Volkszählung abgefragt wurden!

Ein weiterer Aspekt: Ich kann nur den Schutz von meinen persönlichen Daten von großen Plattformen wie z.B. Amazon und Facebook fordern, wenn ich selbst in meinem Umfeld bereit bin, die Daten anderer zu achten und Wert zu schätzen!

Ein Gastkommentar von Herrn Graugans.