Bevor ich mich heute zum Schreiben hinsetzen wollte, bin ich noch schnell in die Tierklinik gefahren, um für den Kater Herbert das Schilddrüsenmedikament zu kaufen. Nach dem Zahlen scherzte ich noch ein wenig mit den Arzthelferinnen und lachend hielt ich einer hereinkommenden Frau die Türe auf, sie schleppte einen Transportkorb. Und was man halt dann immer so redet … „ist immer schwierig, wenn man hierher muß, gell „… und sie sagt: Ist kein schöner Besuch heute, wirklich nicht. Nein, wirklich nicht.“ Und ich sehe ihre stumpfen Augen und mir fällt nichts anderes ein, als zu sagen: „Viel Glück, trotzdem“ und während ich zum Auto gehe, denke ich, daß ich besser meinen Mund gehalten hätte. In den Augen der Frau war der Tod. Da stand geschrieben, daß sie ihre Katze zum Einschläfern bringt und mit einer leeren Transportbox wieder heimfahren wird.
Und dann fahre ich los und plötzlich weine ich und kann nicht mehr aufhören und dann biege ich nicht ab, sondern fahre irgendwo in der Gegend herum, alle Texte weg, die Geschichte, die ich heute schreiben wollte, weg, verschwunden, ich kann jetzt nicht auf Knopfdruck schreiben, und so fahre ich weiter, vor mir die schneebedeckten Berge in den goldenen Schein der untergehenen Sonne getaucht.
Im Angesicht des Todes weicht alles zurück, in einem gelben Zimmer lehnen die Wörter schwarzgekleidet mit dem Rücken zur Wand und alles wird absolut bedeutungslos, was noch soeben unglaublich wichtig erschienen ist.
Viele Tiere mußte ich schon zum Töten bringen, bei ein paar war es nötig, um das Leid abzukürzen, bei anderen war es falsch, ich hätte ihnen besser diese Aufregung des „Erlösens“ erspart, denn sie hätten das selbst viel besser gekonnt.
Im Angesicht des unermeßlichen Leids auf der Welt, was Menschen sich gegenseitig antun, was wäre da der Tod einer kleinen Katze dagegen? Alles..
Wir mögen ihn nicht, den Tod und vor allem wollen wir nicht zuschauen, wenn jemand stirbt. Der Tod macht aus dem Anfang ein Ende und aus dem Ende einen Anfang.
Daheim angekommen sitzt der Herbert auf dem Fußabstreifer und schaut in die Nacht hinaus, er schaut mich an, und nach gründlichem Nachdenken steht er auf, streckt sich und geht langsam an mir vorbei ins Haus
Dieses Mantra hat angeblich der Dalai Lama für seinen sterbenden Freund gesungen, um ihm den Übertritt in die andere Welt leichter zu machen. Ob das stimmt, ist egal. Damals als die alte Katze Mimi sich auf die Große Reise begeben wollte, legte ich sie in einen Korb, an einem geschützten Ort und ließ sie in Ruhe. Das Mantra ist leise im Hintergrund gelaufen und die Mimi hat sich ganz ruhig und heimlich davongemacht…
Und dann lese ich im Blog der Tikerscherk, daß ihr Vater stirbt.
Für sie und alle, die gerade unglücklich sind und um ihr Leben oder das von geliebten Mitwesen bangen, zünde ich jetzt eine Kerze an und stelle sie in die Laterne vor dem Haus, möge ihr Licht uns allen ein wenig Wärme ins Herz leuchten.
Und die liebe Kraulquappe hat auch was geschrieben!
ich kann jeder zeile so gut nachfühlen. ein feiner text!
liebe grüße
gabriele
„Im Angesicht des Todes weicht alles zurück, in einem gelben Zimmer lehnen die Wörter schwarzgekleidet mit dem Rücken zur Wand und alles wird absolut bedeutungslos, was noch soeben unglaublich wichtig erschienen ist.“
Was für ein Satz, danke dafür und sowieso für deinen Text, liebe Graugans.
Gestern erzählte ich einem guten Bekannten, daß gleich drei Schulkameraden im August verstorben seien. Das habe etwas mit mir gemacht.
Davon wollte er nichts hören, er lenkte ab.
Das ging mit einem zweiten Thema genauso.
Ich lies es geschehen, aber im Nachhinein ärgerte mich das sehr. Darf ich nicht etwas thematisieren, was mir GERADE am Herzen liegt?!
Da merkt man halt meines Erachtens den Unterschied von Bekanntschaft und Freundschaft … wenn Du über ein Herzensthema nicht sprechen kannst, dann ist eh die Frage, über was man überhaupt sprechen kann …