24T.-Mutmaßungen über das Fremde,Tag21

Leise ist es geworden, hier auf meiner Bühne zwischen Himmel und Erde. Die Worte der wunderbaren Gäste hallen nach. Schön ist es, jetzt ein wenig alleine da zu sein, eine rote Kerze brennt und Rum ist im Tee. Die längste Nacht wird morgen in der Frühe, um 5.19 Uhr, vorbei sein. Alles ist wie immer, und doch bestünde zumindest die Möglichkeit zur Verwandlung, wenn wir die Zeichen erkennen … Der Kreis schließt sich sanft und beginnt zugleich von Neuem … wer jetzt tanzt, „weiß, was sich begibt“.

Gestern erlaubte der Föhn die Sicht auf König Watze und weiter bis hinein ins schneebedeckte Dachsteinmassiv. Heute Nacht ist dichter Nebel, hoch oben hängt eine trübe Lichterkette am Himmel.

Der uralte Apfelbaum wurde jetzt ausgerissen, weil der neue Pächter sonst nicht mit seinem 8 Meter breiten Mähbalken unsere Wiese und die unseres Nachbarn ohne Umschleife mähen kann. Dazwischen hatte der knorrige alte Baum seinen Lebensort. Wie schnell er doch zu Fall gebracht war und weggeschleift die Wurzel mit dem großen schweren Traktor. Ich bin traurig, es ging alles so schnell, ich konnte mich gar nicht verabschieden und ihm danken für sein Lebenswerk. Ein Häuflein Holz ist übriggeblieben. Ich werde ihn vermissen, er trug nicht mehr viele Äpfel und hat auch schon etliche seiner einstmals starken Arme abgeworfen … aber ich hätte ihm so vergönnt, daß er sein Baumleben auf seine Art beendet.

Die „Mutmaßungen“ laufen langsam aus, schön war das mit Euch allen und ich bin sehr dankbar für die wunderbaren Texte, die Ihr mir anvertraut habt! In den nächsten Tagen wird es immer ruhiger hier werden, das eine zieht aus, um langsam dem Neuen Platz zu machen und mit den Rauhnächten beginnt ein neues Spiel … eine Traumgeschichte mit alten Kräften und heutigen Frauen, die sich trauen, in fremde Welten, Zeiten, Zwischenräume hinein ihre Ohren zu spitzen und das Erhorchte hierher auf diese Bühne zu tragen und damit zu spielen. Wir werden sehen, was hier im virtuellen Raum passiert in den heiligen Zaubernächten … ich freu mich drauf!

Aber jetzt gilt es erst, durch diese besondere Nacht heute zu wandeln, auf Träume zu achten und den Bildern, die sich in den Kopf schieben, Raum zu geben.

Kommt gut durch diese Nacht!

 

 

 

 

 

 

9 Gedanken zu „24T.-Mutmaßungen über das Fremde,Tag21

  1. Liebe Margarete, der Raum schließt sich, er öffnet sich, ein Atemzug, ein … aus – ein Jahr aus, ein Jahr ein.
    Ich danke dir für deine Idee und den Raum, den du damit für andere öffnest, die aus verschiedenen Ecken kommen und die dennoch in der Lage sind etwas Gemeinsames zu schaffen, die gleichberechtigt nebeneinander bzw. hintereinander/untereinander stehen dürfen. Mir ist solcherlei kostbar.
    Nun schicke ich dir noch einen imaginären Gruß von der kleinen Insel, wo zwei Flüsse zusammenfließen, sie heißen: die kleine und die große Wiese, wo heute Abend fünf Frauen im Kreis gestanden haben, viele andere waren dabei, auch du, ein Minifeuer brannte, Nebel wallten, Sterne blinkten, die Flüsse rauschten und sangen mit uns im Chor…
    Herzliche Grüße
    Ulli

  2. Liebe Margarete, ich sagte dir bereits, dass es mir eine große Freude war, deiner Einladung zu folgen. Es waren schöne Texte, sinnige, so sehr individuelle Worte, die sich deinem aufgegeben Thema widmeten. Eine großartige Idee. Komm auch du über diese Nacht, ein besinnliches Weihnachtsfest obendrein und ein gesundes Neujahr für dich, Hr. Graugans und all deinen Lieben.

    Liebe Grüße
    Achim

  3. liebe margarete,
    danke für deinen schönen textbogen, den ich hier in meiner nachterlstille sitzend eben las.

    dein uralter apfelbaum macht, dass ich nun an den meinen denken muss, und das ist halt auch ein leiser schmerz und missen.

    vor dem haus, in das ich geboren wurde, stand ein apfelbaum der sorte jakob fischer.
    als kind bin ich sommers verbotenerweise (mädchen tun das nicht!) in den apfelbaum geklettert, saß auf einem bestimmten ast hoch oben, ließ die beine baumeln, beschaute abwechselnd den hof, die dorfstraße, den himmel sowie auch (ausgiebigst) jakob fischers blätter, zweige und rinde – und fühlte mich rundum glücklich dabei.
    im herbst schenkte der baum uns jahr um jahr viele köstliche äpfel, die sorgsam in steigen gebettet in der scheuer lagerten. am wunderbarsten schmeckten jakob fischers äpfel, wenn die herbst- und winterkälte kam: holte man dann einen apfel aus dem schuppen, war er kühl, frisch und schmeckte so saftig, fruchtig, duftig, wie ich es später nie mehr erlebt hab (mein ich jedenfalls …).

    als ich erwachsen war, habe ich als junge frau diesen apfelbaum als meinen „ahnenbaum“ gesehen (in einer trance) und ihn auf andere, neue weise verstanden.

    vor etwas mehr als 15 jahren wurde der jakob fischer gefällt, weil die dorfstraße verbreitert werden musste. einige zeit später hat meine familie, die seit generationen an dem ort verwurzelt war, ganz und gar das dorf verlassen, es ist keine verwandtschaft von mir mehr dort.

    ja, das fiel mir nun eben ein, und ich hoffe, es ist in ordnung, dass ich das hier einfach so hinschreibe.

    übrigens hab ich immer noch hier, wo ich jetzt lebe, ein paar trümmer („rogala“ sagte man bei uns) vom stamm des baumes …

    nun sei herzlich gegrüßt und umarmt, liebe frau gretl graugans!
    pega

    1. Ich dank Dir so sehr für Deine Geschichte, berührt mich … bin auch immer als Kind in den Baum hinein-und hinaufgestiegen! Wie schön Du das früher selbstverständliche beschreibst: „sorgsam in Steigen gebettet“, ja, jeder Apfel war kostbar…und der Geruch dort, wo die Äpfel lagern, ich glaub, sie haben früher intensiver noch gerochen, kann das sein? So schön, daß du das Wort noch hast: rogala, bewahr es gut, liebes Nachterl! Servus, liebe Grüße

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