Das Fremde gehört zur menschlichen Existenz wie die Luft zum Atmen. Als soziales und lernendes Wesen ist das Fremde die Ursache für jeden Prozess der Entwicklung wie der Erkenntnis. Alles, was neu ist, ist fremd und will begutachtet werden. Dabei wird der Mensch von zwei Kategorien der Emotion begleitet: Der Neugier wie der Angst.
Das positive Gefühl der Neugier spielt beim Lernen die tragende Rolle. Wenn wir etwas sehen oder fühlen, das wir nicht kennen, wollen wir wissen, was es damit auf sich hat. Wir machen uns ein Bild von dem Fremden, beobachten es genau und finden für uns heraus, ob es uns bereichern kann, ob es uns inspiriert, ob wir Nutzen darin finden oder ob es uns gefährdet. Sollte die Gefahr dominieren, so kommt die Angst ins Spiel, welche Schutzmechanismen aktiviert, die das Fremde on uns fernhalten wollen.
Die Trennlinie zwischen einem positiven Erkenntnisprozess, der uns weiterbringt und einem irrationalen Affekt ist gut beschrieben mit dem Versuch, das Fremde als Phänomen aufgrund eigener, unmittelbarer Erfahrung zu erfassen und der proaktiven Abwehr des Neuen, Fremden, aufgrund mittelbarer Vermittlung.
Fassen wir zusammen: Das Fremde ist existenziell notwendig. Ein Urteil über das Fremde ist dann seriös, wenn es auf eigener Erfahrung beruht. Je multipler der Dialog mit dem Fremden, desto größer der Reichtum unserer Existenz.
Gastbeitrag: Gerd Mersmann