Gestern habe ich M. im Altersheim besucht, ich sollte besser sagen gesucht, denn sie war nicht in ihrem Zimmer. Sie sei mit den übrigen BewohnerInnen im Weihnachtskonzert, wo im Haus, das wussten die betreffenden Pflegekräfte auch nicht so genau und reagierten genervt auf mein Fragen. Ich hab M. dann schließlich gefunden, weil ich die Tür zu einem Raum aufmachte, vor dem viele Rollatoren geparkt herumstanden. Alle saßen vor einem Fernseher, aus dem Weihnachtsgedudel heraustropfte. Alle Augenpaare schauten mich an und als M. mich sah, kam sie sofort mit einer Betreuerin heraus, die sagte, ich dürfe sie gerne mitnehmen, denn es sei doch so schön, wenn mal jemand Besuch bekommt. M. strahlte mich an und schob ihren Rollator vor sich her zum Fahrstuhl. Als wir ausstiegen war sie so schnell ums Eck herum verschwunden, daß ich kaum nachkam. Auf dem Weg in ihr Zimmer lag eine Windel am Boden. Ihr Zimmer war dann doch nicht ihr Zimmer, wir waren im falschen Stockwerk, ein sehr freundlicher junger Mann in Pflegedress geleitete uns dann zum Aufzug, wir kamen wieder an der Windel am Boden vorbei und M. sagte, das ist bestimmt meine, hob sie auf, klemmte sie unter ihren Arm und ging weiter. Ich mußte lachen, der freundliche Mann, der kaum Deutsch konnte, lachte mit und dann lachten wir alle drei. Im richtigen Zimmer angekommen mussten wir immer noch lachen. M. freute sich über die flauschige Decke und das Kissen für ihr Bett, das damit nicht mehr ganz so ausschaute wie ein Krankenhausbett. Irgendwann ging ich mit ihr zu einer Art offenem Speiseraum, wo das Essen ausgeteilt wurde und wir verabschiedeten uns. Sie sagte: Gell, du kommst wieder!
Dann bin ich ins Auto gestiegen, wollte ein wenig über Land fahren und habe mich auf den Straßen bei Eis- und Schneeregen zwischen grell illuminierten Häusern und absoluter Finsternis vollkommen verfahren. Um mich herum Ungeduldige, die von Ort zu Ort Geschenke überbringen und entgegennehmen mußten und sicher an jedem Ort schon sehnsüchtig erwartet wurden.
Als ich da so herumgefahren bin in der Nacht … der Heiligen Nacht … abgelenkt nur vom hin und wieder hektischen Scheinwerferlicht derer, die mir entgegenkamen oder die mich überholten, war es still um mich und in mir. Der Weg durch den Advent bringt keine Antwort auf unsere Fragen, sondern am Ende steht die Frage: was haben wir denn gesucht, auf was haben wir gewartet?
Wir irren weiterhin durchs Leben, wir verirren uns in großer Sehnsucht in Stockwerken und auf Straßen und in Phrasen und wissen immer genau, wer wann wo was falsch macht und wollen an das Gute glauben, warten auf das große Glück und sollten froh sein darüber, wenn wir es noch merken, daß es die eigene Windel ist, die vor uns am Boden liegt.
Ich habe diese Fahrt mit den vielen Umwegen in der Christnacht sehr genossen. Es ist wie eine Fahrt durch die Dunkelheit des Universums, Zeit und Raum verlieren an Bedeutung es ist wie ein Schweben und sich auflösen in der Unendlichkeit.
Es wurde dieses göttliche Kind geboren in Dir, in mir, in Euch und uns. Und wir haben in grenzenloser Freiheit die einfache Möglichkeit, dies zu ignorieren oder es als Tatsache anzunehmen, daß Gott in uns Mensch geworden ist. Was das bedeutet, muß jede r ganz alleine für sich herausfinden, es ist ein Weg ins Ungewisse, man weiß nie, wo man da hinkommt, und man weiß nicht, was man dort dann vorfindet … das ist so, wenn man den Weg der Liebe geht, die Entscheidung nimmt uns niemand ab.
Auch im Namen von Herrn Graugans, dem Blaubildzauberer, wünsche ich Euch und uns Frohe Weihnachten und wir danken Euch ganz herzlich für das Bemerken und das gute Bedenken unserer gemeinsamen Arbeit an „24 T. – Der Weg“. Es war eine herausfordernde Arbeit, ich bin mit den Texten durch Höhen und Tiefen gegangen, es war eine äußerst intensive Zeit, die ich nicht missen möchte und es war eine beglückende Zusammenarbeit! Aber was wären wir ohne Euch, die Ihr aufmerksam daran teilgenommen habt, indem Ihr Euch Bild und Text zu Gemüte geführt habt!
Jetzt ruhen wir aus, essen was Gutes, gehen spazieren und bleiben einfach die, die wir sind. Viele liebe Grüße vom nördlichen Alpenrand, heute am Christtag mit klitzeblauem Himmel und strahlendem Sonnenschein! Gehabt Euch wohl und laßt es Euch gutgehen bis demnächst wieder hier in diesem Theater zwischen Himmel und Erde!
Oh, my love, we’ve had our share of tears
Oh, my friend, we’ve had our hopes and fears
Oh, my friends, it’s been a long hard year
but now it’s Christmas
Yes, it’s Christmas
Thank God it’s Christmas …“
Ich glaube Dir sofort, dass dieser Adventskalender eine sehr herausfordernde Arbeit war! Danke für die wunderschönen Cyanografien und die seelenvollen Texte! Und schöne Festtage!
Es ist mir nahe gekommen, was ich ich da gelesen habe, weil ich glaube, dass so das Leben tatsächlich ist. Einfach nur so, Liebe Grüße!
Stark.
Frohes Fest Euch.🧑🏻🎄
Was bleibt von diesen Tagen, ja. Danke, und Grüße an euch.
Ein stiller, zu Herzen führender Text!
Danke dafür!