Archiv für den Tag: 1. Dezember 2022

24 T.- Mutmaßungen … Tag 1: Über den Advent

Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.“ (Alfred Delp, 1907-1945)

Was ansonsten davon zu halten ist, erfährt man sofort, wenn man es bei Google eingibt –  Advent: Ferienzeit. Warum will ich unbedingt über ein Thema schreiben, das ich selber nicht begreifen kann … vielleicht grade deswegen … ?

Letzten Sonntag hat er also wieder begonnen, dieser Advent und Tag für Tag und Nacht für Nacht gehe ich in ihm herum, der Weg ist steinig und unwegsam, Geländer gibt es, aber sie dienen nur zur ungefähren Orientierung, zum Anlehnen oder gar Festhalten sind sie nicht gemacht, zu brüchig erscheint mir die Konstruktion des Glaubens an etwas, das man zwar erhofft, aber halt nirgendwo Beweise dafür findet. Kerzenschein läßt Antworten aufleuchten aus verschiedenen Richtungen, mehr oder weniger religiös. In einer früheren Zeit waren es mal diese magischen 40 Tage, in denen gefastet wurde zum Reinigen und Ausräumen des Inwendigen, um Platz zu haben für das Wunder … Platz für die Krippe, in der das göttliche Kind liegt.  Es geht hier, wie im Märchen, um das reine Herz. Warten und hoffen auf die Ankunft, das Herz bereit machen für das Wunder.  Wie soll man diese Aufgabe bewältigen?

Leichter fällt mir die Vorstellung, daß die uralte Göttin, die bei uns  „Frau Percht“ heißt und im Sommer in den Bergen über Berchtesgaden wohnt, jetzt in ihrer dunklen Gestalt als mildtätige Todesgöttin über das Land fliegt mit ihrer wilden Jagd und die Seelen einsammelt von denen, die gestorben sind und sie mitnimmt in ihren Garten der ewigen Glückseligkeit.

Aber wie man es auch dreht und wendet, der Weg ist steinig. Klar, man kann sich den Versprechungen der Werbung ergeben und sich mit Konsum zuschütten oder gleich verschwinden und an Pools in Gebieten mit Sonnengarantie herumliegen.

Für mich ist es so: ich begebe mich fastend auf diesen Weg, ohne jemals zu wissen, wohin er führt. In mir ist eine niemals zu stillende Sehnsucht, die ich schon kosmisch nennen könnte, ich suche dieses Kind in der Krippe, wohl wissend, daß es später von Menschen ans Kreuz genagelt wird. Kein schöner Gedanke, aber man kennt halt schon das Ende der Geschichte und weiß, daß das Ende ja auch schon wieder der Anfang ist.

Ich liebe es, unterwegs zu sein, aber ich mag weder das Losfahren noch das Ankommen; schwierig also dieses Unterfangen.  Nein, ich habe auch keine wirkliche Erklärung, warum man den Advent begehen soll wie eine Abenteuerreise, denn man kann ja nie sagen, ob man nicht hinter der nächsten Kurve in das eigene Herz gerät und sich da umschauen muß und das , was man da findet, das muß man erst mal aushalten … letztendlich ist es immer das Gleiche, der Schatz liegt vor unseren Füssen, aber wir erkennen ihn erst, wenn wir uns selbst erkennen, daran führt kein Weg vorbei und keine noch so gute Gebrauchsanweisung kann uns den ersten Schritt abnehmen, der geht ins Leere …

Der Advent kann einfach alles sein, nichts von allem und alles von allem. Und was wünschen wir uns denn, wenn wir uns einen schönen Advent wünschen?

Ich bin gestern bei Nacht und Nebel zu unserer alten Pächterin den Hügel hinauf und hab ihr einen Adventskalender gebracht. Nicht nur, weil Advent ist, sondern, weil sie sich so freut darüber. Das hat sie erst lernen müssen, das Freuen, denn in ihrem Leben hat es das nicht so oft gegeben. Buchstabensuppe und Puddingpulver und ein Engerl mit Kerze und eine Dose Futter für ihre Katze und paar Blumenzwiebeln zum Vergraben, Hustenbonbons, usw. usw.  Die Vorfreude auf das tägliche Auswickeln der Packerln läßt sie schon bei der Übergabe strahlen und sie bekommt rote Wangen vor Freude. Ich hab mich gleich wieder verabschiedet, weil die ganze Freuerei sonst zu peinlich wird.

Am Nachmittag an der Tankstelle kam mir von der Frau an der Kasse eine so ungewohnte Freundlichkeit entgegen, allein schon beim „Griaßdi“ und „Pfiati“- Sagen, wie wenn die Sonne plötzlich durch den Nebel scheint und man sitzt grad auf einer Bank zum Ausrasten auf einem beschwerlichen Weg .

Und dann fällt mir plötzlich diese Stimme wieder ein aus einem vergessenen Traum vor ein paar Nächten: ‚“Zärtlichkeit läßt Blumen im Herzen blühen!“ Manchmal braucht es gar nicht viel… ein liebes Wort, ein Lächeln, einen Brief, ein Lied … ein wenig Zärtlichkeit am Weg macht ihn leichter gangbar. Und ich nehme meine Flöte, die neben mir am Schreibtisch liegt und spiele mein altes geliebtes Kinderlied:

Alle Jahre wieder kommt das Christuskind
auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind.

Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus,
geht auf allen Wegen mit uns ein und aus

Steht auch mir zur Seite, still und unerkannt,
daß es stets mich leite an seiner lieben Hand.
Friedrich Silcher

Ja.

 

Text:
Margarete Helminger