Archiv für den Tag: 7. März 2016

Kafka Band…Schneeroman

„Es war spät abends, als K. ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schloßberg war nichts zu sehen, Nebel und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das große Schloß an. Lange stand K. auf der Holzbrücke, die von der Landstraße zum Dorf führte, und blickte in die scheinbare Leere empor.“ …Franz Kafka

Nach unzähligen gescheiterten Versuchen, mich Kafkas Fragment „Das Schloß“ lesend zu nähern, hatte ich längst aufgegeben.

Eine Begegnung mit  Jaroslav Rudis und der „Kafka Band“, die er zusammen mit dem Zeichner Jaromir 99 mit Mitgliedern anderer tschechischer Bands (z.B. Priessnitz) ins Leben gerufen hatte, veränderte meine Sicht so total, daß ich zu diesem großen Text heute tiefe Verbundenheit  fühle.

Eine ganz eigenArtige Magie entsteht durch das Zusammenwirken von Vorleser, Musik, SängerIn und animierter Zeichnung.

Und – ich liebe es, mir Geschichten erzählen zu lassen, von Menschen, die das mit so großer Spielfreude tun und mir Sinnenbalsam schenken.

 

 

Kafka Band:

Jaroslav Rudis, Jaromir 99, Dusan Neuwerth, a.m.almela, Iiri Hradil Zdenek, Iurcik Tomas Neuwerth Clad

 

 

 

„Zunächst war K. froh, dem Gedränge der Mägde und Gehilfen in dem warmen Zimmer entgangen zu sein. Auch fror es ein wenig, der Schnee war fester, das Gehen leichter. Nur fing es freilich schon zu dunkeln an, und er beschleunigte die Schritte.

Das Schloß, dessen Umrisse sich schon aufzulösen begannen, lag still wie immer, niemals noch hatte K. dort das geringste Zeichen von Leben gesehen, vielleicht war es gar nicht möglich, aus dieser Ferne etwas zu erkennen, und doch verlangten es die Augen und wollten die Stille nicht dulden. Wenn K. das Schloß ansah, so war es ihm manchmal, als beobachtete er jemanden, der ruhig dasitze und vor sich hinsehe, nicht etwa in Gedanken verloren und dadurch gegen alles abgeschlossen, sondern frei und unbekümmert, so, als sei er allein und niemand beobachte ihn, und doch mußte er merken, daß er beobachtet wurde, aber es rührte nicht im geringsten an seiner Ruhe, und wirklich – man wußte nicht, war es Ursache oder Folge -, die Blicke des Beobachters konnten sich nicht festhalten und glitten ab. Dieser Eindruck wurde heute noch verstärkt durch das frühe Dunkel; je länger er hinsah, desto weniger erkannte er, desto tiefer sank alles in Dämmerung.“ Franz Kafka

Die Bäume

Denn wir sind wie Baumstämme im Schnee.

Scheinbar liegen sie glatt auf,

und mit kleinem Anstoß

sollte man sie wegschieben können.

Nein, das kann man nicht,

denn sie sind fest mit dem Boden verbunden.

Aber sieh,

sogar das ist nur scheinbar.

Franz Kafka