Vor unserem Haus bleibt am Samstag der große Traktor, der gerade im Anhänger die Kalbinnen auf die Weide transportiert plötzlich stehen, irgendeine Leitung, die mit der Hydraulik zu tun hat ist geplatzt, das Öl ergießt sich auf die Straße. Herr Graugans läuft, bringt unsere zwei besten Eimer, um den Rest noch aufzufangen … große Sauerei, großes Durcheinander, aber letztendlich kommt bald herbeigerufene Hilfe, der Schaden ist repariert, die Kalbinnen stehen auf der Weide und grasen friedlich vor sich hin. Zurück bleiben zwei ölverschmierte Eimer und ein ca. 50 m langer, vom Pulver rot gefärbter Ölstreifen auf der Straße.
Wie eine Blutspur, von erlegter und weggeschleppter Beute, denke ich heute und es fällt mir der oft gebrauchte Spruch ein über die Idylle, in der wir doch hier „auf dem Land“ leben und die Blutspur, die alles durchzieht und daß diese Idylle nur eine vordergründige Kulisse ist, hinter der das Land verseucht ist und kaputt und was das überhaupt bedeutet, das Leben „am Land“ und es fallen mir alte Geschichten ein … Dem Nachbarn erscheint das praktische Vorgehen sinnvoller als das Erfinden von Geschichten und er versucht, mit Besen, Schaufel etc. das Übel von der Straße zu kratzen, leider mit wenig Erfolg, die blutrote Spur wird bleiben.
Der Maibaum steht aufrecht da, gestern haben sie ihn unter Beteiligung des ganzen Dorfes aufgestellt und dabei wurde viel getrunken und gelacht. Heute sind die Spuren des Volksfestes bereits sorgfältig aufgeräumt. Bei uns steht kein Maibaum, unser Weiler mit vier Höfen ist zu klein für derartige Spektakel.
Wir reden über den Wolf. Alle reden über den Wolf. Der Wolf ist zugewandert. Manche, die dem bairischen Deutsch ein wenig ganghoferisch romantische Eleganz einhauchen wollen, werden sagen: der Wolf kommt aus dem Tirolerischen. Wir sagen ansonsten halt nur: von Tirol kommt er. Von ganz schön weit her. Aber für so einen Wolf sind ja 50 km nix. Ja, was macht man jetzt mit so einem Wolf? Zwei Schafe hat er gerissen und er wurde schon wieder gesehen mit der Wildkamera. Da war ja schon mal einer, letztes Jahr. Der Jäger hat damals gesagt, er könnte leider nichts unternehmen, denn er dürfte ihn nicht erschießen. Er wurde dann bedauerlicherweise durch einen Zufall an der Grenze nach Tschechien von einem Auto überfahren. Jetzt ist also wieder einer unterwegs. Am Abend fährt der Jäger zum Waldrand … wahrscheinlich fahren jetzt alle Jäger im Umkreis von 50 km an den Waldrand, um ihn auszuspähen. Der Wolf ist halt leider kein Vegetarier, Veganer schon gar nicht, er ist ein Fleischfresser wie der Mensch und das passt nicht. Da ist ein Zusammenleben nicht erwünscht, auch wenn klar ist, daß der Wolf scheu ist und dem Menschen aus dem Weg geht und der größte Feind des Menschen der Mensch ist, weil er alle Ordnungen durcheinanderbringt, der Wolf braucht halt was zum Fressen, sonst verhungert er. Und Schafe sind leicht zu jagen. Und es ist einfach so: wenn Hunderttausende kleine Milchlämmer von ihren Müttern weggerissen werden, um sie zu schlachten für den Osterbraten, dann macht das nichts.
Ich gehe durch den Wald und sage: lauf weg, so weit Du kannst, verlaß die Deckung nicht , Wolferl, und ich lege ihm meine Tarnkappe unter einen Baum, dahin, wo das Unterholz beginnt.
Ich habe in die Luft gegriffen und hatte eine Idee in der Hand. Auf die Frage, ob sie parallel zu mir immer zur gleichen Zeit im Lebensfluß sich hinsetzen mag, um zu erzählen, was ihr grad so durch den Kopf geht, und es zu veröffentlichen, sagt die wunderbare Kraulquappe, ja, mag ich! Und so haben wir jetzt beide eine Abmachung: Immer am Montagmittag um 12 Uhr schreiben wir über das, was genau an diesem Punkt im Leben gesagt und dargestellt werden will. Sie in der Stadt, in der sich der Regierungssitz über die bairische Provinz befindet, in der ich lebe. Zwei Stimmen, zwei Orte, zwei Leben, ein Kreuzungspunkt: Montagmittag, 12 Uhr.
Die Frage, warum wir das jetzt beginnen, läßt sich leicht beantworten: Wir haben einfach so große Lust dazu! Und ich freu mich sehr auf das Neben-/Miteinander und natürlich über jeden, die/der hier mitlesen mag!
Hier sind die Texte der Kraulquappe:
Bravo!
Oh, vielen Dank!
Freu ich mich!
Freut mich auch!
Was für ein unglaublich berührender Text, liebe Gefiederte.
Vielen Dank, liebste Madame, wie schön, daß Du hier wieder zu Besuch warst!
Also, Verehrteste, wenn du in Form bist, so richtig in dich reingerätst, das ist wie früher auf den LP’s: The Best of. Den Text der Kraulquappe hab ich auch gelesen. Sehr schön, was ihr da macht.
also, ich weiß auch nicht, wie Du das machst, Lieblingspoet, aber immer wenn Du auftauchst und paar Worte sagst, dann fühle ich mich sofort willkommen im Leben. Danke Andi!
Ich seufze aus dem tiefsten Bauch heraus und gleichzeitig ruf ich dir ein BRAVO zu, meine liebe Graugans, das ist ein Text für einen Pokal 😉
Vielen Dank, liebe Ulli!